Montag, 17. August 2015

Karl der Grosse 748-814


Karl der Grosse 748-814

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/FccFSFeM_e8

Der Vater Europas

Karl der Große 748-814

 

Die Grube hinter dem Hauptaltar der Kirche St. Germain be Paris war schon ausgehoben, damit der ehemalige Pariser Bi schof, der heilige Germanus, hier endlich seine letzte Ruhe stätte finden konnte. Doch bevor die feierliche Umbettun; stattfand, ließ es sich der herumtollende siebenjährig, Karl nicht nehmen, das künftige Grab des Heilige] persönlich in Augenschein zu nehmen - und spran; hinein. Der kleine Karl verlor bei dieser übermütiger Aktion seinen ersten Zahn, und seine Eltern, Pippir und Bertrada, werden sicher nicht begeistert reagier haben. Karl selbst hingegen erzählte noch viele Jah re später lachend von diesem Zwischenfall aus den Jahre 755.

Über Karls Kindheit wissen wir ansonsten leider we nig, aber die Unbeschwertheit dürfte er spätestens mi

20 Jahren verloren haben, als sein Vater Pippin III starb. Der König der Franken hinterließ seinen Söhne' Karl und Karlmann ein mächtiges Reich inmitten Euro

pas, das fast das gesamte heutige Frankreich, die Nieder lande, Belgien, die Schweiz und in weiten Teilen den Wes ten Deutschlands umfasste. Gleichwohl war es nur eines de christlichen Reiche im Westen Europas. Dieses Reich wurde nur zwischen den beiden Brüdern geteilt, wie es seit Jahrhunderter fränkischer Brauch gewesen war. Doch ebenso alt wie diese Tradi tion der Reichsteilung unter den erbberechtigten Söhnen war dis der darauf folgenden Auseinandersetzungen. Auch zwischen Kar und seinem drei Jahre jüngeren Bruder Karlmann war die famili äre Harmonie alsbald dahin, und es wäre wohl zu einem blutige] Brüderkrieg gekommen - wäre Karlmann nicht drei Jahre späte bereits gestorben.

Im Alter von 23 Jahren wurde Karl somit unerwartet früh Al leinherrscher über das Frankenreich, und er war fest entschlos sen, das Reich im Herzen Europas noch größer und mächtiger z] machen. Erstmals zeigte sich diese Entschlossenheit auf seinen Feldzug gegen die Langobarden. Die »Langbärte«, die der Legen de nach aus Südschweden stammten und in römischer Zeit an

 

 

 

= =PIN III.

2pin III. (714-768) war der Vater Karls des Großen. Als soge--..ennter Hausmeister (Major domus) stand er ab 741 dem fränki-sfnen Adel vor. In dieser Funktion betraute Pippin den Missionar E.,-..--tifatius mit der Reform der fränkischen Kirche, die auf die =_--damentalen Grundlagen christlichen Lebens zielt wie etwa

- standesgemäßes Verhalten des Klerus oder die Abkehr von -e :Mischen Praktiken. Ab 751 König der Franken, eroberte Pippin — Südwesten des Reiches Septimanien sowie Aquitanien und ..-..2-7.eidigte die Pyrenäengrenze.

_ -7:-:-lauf der Elbe gelebt hatten, waren seit dem 6. Jahrhundert Könige auf der italienischen Halbinsel. Das Zentrum ih-.-7.iches war das norditalienische Pavia, doch ihre Herrschaft bis zum Golf von Tarent. Für Karl, der sich anschickte, mische Kaisertum zu erneuern, war diese Herrschaft über

_         das große Ziel - und er erreichte es sehr schnell. In nur

Monaten besiegte er die Langobarden und erlangte die -7 über die nördliche Hälfte des italienischen Reiches; allein Süden gelegene Benevent wurde zum - s:andigen Herzogtum.

:7 frischgebackene langobardische König

         vollte sein Reich nun auch im Norden .:_- 1_Zern, und das bedeutete, dass er die - s-ün besiegen musste, die in Westfalen, im n Niedersachsen und im westlichen s7,7in wohnten. Anders als zuvor in Itali-- -2-1,1Z Karl hier jedoch auf einen doppelten -_-7.stand, denn er wollte die Sachsen nicht

-          in sein Reich eingliedern, son-

- musste sie zugleich christianisieren, da 2 ohne das andere für ihn nicht denk-ar. Doch wollten die Sachsen weder europäischem Reich gehören noch heidnischen Gottheiten abschwören. s.pllte das für ein Gott der Christen sein, - :•s. nicht einmal schaffte, seinen eigenen vor der Hinrichtung durch die Römer :.-,wahren? Da die heidnischen Germa-aso mit religiösen Argumenten nicht zu _-_,ugen waren, setzte Karl seinen Willen mit eiserner Zunge« durch, wie ein mittelalterlicher Chronist es nannte: Karls Argument war das Schwert, und damit war er erfolgreich. Trauriger Höhepunkt dieses Krieges gegen die Sach¬sen war das berühmt gewordene »Blutbad von Verden«, bei dem im Jahr 782 an nur einem Tag 4500 Sachsen enthauptet worden sein sollen. Nach mehr als drei Jahrzehnten hatte Karl sein Ziel endlich erreicht: Sein nunmehr weite Teile Mitteleuropas umfas¬sendes Reich grenzte im Norden an die dänischen und slawischen Siedlungsgebiete.

Nachdem Karl sein Reich im Süden und im Norden ausgebaut und parallel dazu auch Bayern eingegliedert hatte, verfügte er in Mitteleuropa über eine ebenso unübersehbare wie unvergleich-

ALKUIN

Der angelsächsische Gelehrte Alkuin (730-804) wurde 781 von Karl dem Großen aus York nach Aachen berufen, wo er Leiter der Hofschule und einflussreicher Berater Karls in kirchlichen Fragen wurde. Er förderte die Wissenschaften, schrieb Heiligenviten und trug erheblich zur Vereinheitlichung der Schrift im ganzen Frankenreich bei. Später wurde Alkuin Abt in Tours, wo er auch starb.

 

:he Machtfülle. Damit war er nun auch politisch Karl »der Große«; obwohl er schon aufgrund seiner Körpergröße diesen 3einamen verdient gehabt hätte - wie man erst am Ende des

Jahrhunderts anhand des in Aachen erhaltenen Skeletts fest-sellen konnte, maß Karl stolze 1,90 Meter. In den Augen von Karls Hofgelehrten ragte der Herrscher jedoch nicht nur kör-DE-rlich heraus, sondern hatte auch eine ebenso herausragende Machtposition, die ihm schon bald den Beinamen »Haupt der Welt« (Caput orbis) eintrug, wie sein späterer Biograph Notker E.aJbulus (»der Stammler«) berichtet. Für die Zeitgenossen gab e-s langst keinen Zweifel mehr daran, dass dem eigentlich mäch--_13:en Herrscher Europas, nämlich dem byzantinischen Kaiser, rr

dem Karolingerkönig starke Konkurrenz erwachsen war. In fe'enem Reich wurde Karl als Herrscher Europas angesehen, der :tem Kaiser in Ostrom ebenbürtig war.

Das berühmteste Weihnachtsfest des europäischen Mittelalters e das westliche Kaisertum dann endgültig von Neuem erstehen. :5. Dezember des Jahres 800 wurde Karl in St. Peter zu Rom der Weihnachtsmesse von Papst Leo III. gekrönt, und Römer akklamierten ihm feierlich. Oberflächlich betrachtet es somit eine Erneuerung des alten römischen Kaiser-doch Karl machte alsbald unmissverständlich klar, er sein Kaisertum verstanden wissen wollte: Er sei rom Volk, sondern »von Gott gekrönt« worden coronatus) - Karl begriff sein Kaisertum in ers--__:nie als christliches Kaisertum.

gut drei Jahrzehnten hatte Karl den Gipfel der -: erreicht, doch hatte sein Leben bis dahin keines-7ur aus Politik bestanden. Insgesamt führte Karl -e:htmäßige Ehen, hatte überdies zahlreiche Kon-e 7 und es sind nicht weniger als 18 Kinder von ihm _ 7: Nach einer kurzen ersten Ehe folgte Karl dem seiner Mutter und heiratete 770 die namentlich ricrr: bekannte Tochter des Langobardenkönigs Deside---as Doch schon ein gutes Jahr später verstieß er sie, -erseits das Reich seines Schwiegervaters in %Lie:: zu übernehmen (den er bei dieser Gelegen-

reit     lebenslange Klosterhaft schickte) und andererseits die

cire 13-jährige Alemannin Hildegard zu ehelichen. In zwölf Kann Ehe schenkte sie ihm sechs Kinder, darunter die drei zur zrli=achfolge bestimmten Söhne Karl, Pippin und Ludwig Später führte Karl noch eine zehnjährige Ehe mit

 

 

 

der Ostfränkin Fastrada sowie eine kurze Ehe mit der Aleman¬nin Liutgard. Während er selbst also das Leben mit verschiede¬nen Frauen genoss, verbot er seinen Töchtern, zu heiraten oder von ihm fortzugehen — »obwohl sie sehr schön waren und er sie über alles liebte«, wie Karls Hofgelehrter und Biograph Einhard schreibt. Dennoch führten sie heimliche Liebschaften — Karl er¬fuhr zwar davon, ließ es sich aber nicht anmerken.

Karls Gesundheit war ausgezeichnet, was angesichts seiner um-fangreichen politischen Geschäfte, Reisen und Kriegszüge nicht selbstverständlich war. Lediglich in seinen letzten vier Lebens¬jahren litt er an Fieber und Gicht, weshalb seine Ärzte ihm nach¬drücklich dazu rieten, auf das von ihm so geliebte Bratenfleisch zu

EGINHARD UND EMMA

In der humorvollen Geschichte Eginhard (Einhard) und Emma von Wilhelm Busch lieben sich Einhard und Karls Tochter Emma. Nach einer heimlichen Liebesnacht trägt Emma ihren Geliebten durch den Schnee, damit Einhard keine verräterischen Fußspuren hinterlässt, doch Karl sieht die beiden vom Fenster aus. Zornig lässt er das Liebespaar zu sich bringen, wird dann aber doch weich und gibt der Liaison seinen Segen. Diese Volkssage entspricht allerdings nicht der historischen Wahrheit, denn Karl hatte keine Tochter namens Emma.

 

            KARL DER GROSSE                                             

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1: z hten und nur noch gekochtes Fleisch zu essen, doch diesen .;ss wollte Karl sich nicht verbieten lassen. Neben dem Essen iz :hm auch das Schwimmen eine Herzensangelegenheit. Karl r.e die Dämpfe heißer Naturquellen, schwamm sehr viel und lu.L.;erordentlich gut.

S: war es kein Zufall, dass er sich als ständige Residenz Aachen if..:s7--ahlte. dessen heiße Quellen schon die Römer veranlasst hat¬-,e7. Jon eine Thermenanlage zu bauen. Ab 794 war Aachen Karls -1-er2.fe±-2:71Z. und im Zentrum der Königspfalz (»Pfalz« kommt vom »palatium«, was Palast bedeutet) stand die nach dem r-zcizl von San Vitale in Ravenna errichtete Pfalzkapelle, die 805 _-_: wurde. Ein derartiger Hauptsitz war für einen mittelal-- L.'717:.7: Herrscher mehr als ungewöhnlich, denn zu jener Zeit .:blich, dass ein König sich reisend durch sein Herrschafts¬bewegte und sich mal hier, mal dort aufhielt. Karl der Gro-.-.72eeen schuf feste Strukturen in seiner Aachener Pfalz und zahlreiche Gelehrte an seinen Hof, da ihm Wissenschaften :jung sehr am Herzen lagen. Wie Einhard berichtet, übte 27 stets im Schreiben, und unter seinem Kopfkissen hatte f-nafeln und Blätter, um sich in schlaflosen Nächten in z•-er- Kunst noch verbessern zu können. Auch im Kreis seiner tf --zr. Freunde, darunter Alkuin, Paulus Diaconus und Petrus 7 ;-"_:.3._ wirkte Karl eifrig mit: Wenn sie sich in geselliger Runde         n            Krönung Karls des Großen. Zeichnung,19. Jahrhundert, von Alfred Rethel (1816-1859) anspruchsvollen Gesprächen, Rätseln oder Gedichten widmeten, gaben sie sich alttestamentliche Namen - Karl selbst nannte sich David, wie der israelitische König, der ein Großreich geschaffen hatte ...

Das europäische Großreich, das Karl regierte, war in seiner Machtfülle nicht zuletzt davon abhängig, dass die oströmischen Kaiser das neue Franken als zweites Kaisertum neben Byzanz an-erkannten. Danach strebte Karl jahrelang, und nach langwierigen Verhandlungen kam es im Jahre 812 tatsächlich zu einer gegen-seitigen Anerkennung des westlichen und des östlichen Kaisertums. Diese Bestätigung von Karls Größe machte den Frankenherr¬scher endgültig zum Pater Europae, wie er schon zu Lebzeiten genannt wurde. Und in der Tat war Karl der Vater eines Reiches, auf das zahlreiche kulturelle Gemeinsamkeiten der Völker West- und Mitteleuropas zu¬rückgehen, der Vater nahezu der gesamten lateinischen Christenheit - eben der Vater Europas.

Das Geburtsjahr Karls ist ungewiss. Man geht heute davon aus, dass er 748 (wohl

z April) das Licht der Welt erblick¬e_ Im Jahr 768 wurde Karl fränkischer einig, und ab 771 beherrschte er das %ich allein. Im Jahr 774 eroberte er das airgobardische Pavia und ernannte sich elbst zum König der Langobarden. Als

der Römer (Patricius Roma-

- _       übernahm er zudem den Schutz

         tGirchenstaates. Im Südwesten seines ileiches kämpfte er gegen die Omaija-s®r in muslimischen Spanien. Im Nor-irr t-.eschäftigten Karl von 772 bis 804 ße sceenannten Sachsenkriege, im Süd-

         kämpfte er erfolgreich gegen die -dda-e_n_ Am Weihnachtstag des Jahres

         'wurde er in der Peterskirche zu Rom ran Papst Leo III. zum Kaisergekrönt. Im Itamereal einte er das große Reich durch riewiredene Reformen; so führte er unie einheitliche Währung ein (Denar), iereorroßerte die Liturgie, das Heereswe-ser lad die Ausbildung der Geistlichen rireiärderte die Wissenschaften. Seine Neidren Maßnahmen zur Reform irr illidung werden als karolingische Illimiesame zusammengefasst. Unter

mode die Liturgie vereinheitlicht, erasibuind eine reichsweit verwendete Wirk ge karolingische Minuskel), das oerete Spätlatein wurde wieder auf

             Sprachniveau geführt, und

d, iss -tof entstanden zahlreiche wis-Her-wwwwir_incl-te Abhandlungen. Seit 795 "ememmie-e er in seiner Pfalz in Aachen

-          :7 - die Marienkirche errichten.

 

Nachdem er 813 seinen einzigen verblie-benen Sohn Ludwig zum Mitkaiser hatte krönen lassen, starb Karl der Große am 28. Januar 814 und wurde noch am sel¬ben Tag in der Marienkirche beigesetzt. Kaiser Friedrich I. Barbarossa ließ ihn 1165 heiligsprechen.

Verwandtschaft

Karl der Große ist der wichtigste Vertre¬ter der Karolinger, die auf die Urahnen Arnulf von Metz und Pippin I. (beide 64o gestorben) zurückgehen und nach Karls Großvater Karl Martell (688-741) benannt sind. Im 8. Jahrhundert war es ihnen gelungen, den regierenden Mero-wingern die Macht zu entreißen. Nach Karl dem Großen stellten die Karolinger noch bis 911 die Könige in Ostfranken und bis 987 in Westfranken.

Quellen

Die bedeutendste Lebensbeschreibung Karls des Großen stammt aus der Feder des an Karls Hof ausgebildeten Einhard (770-840). Nach dem Vorbild der anti¬ken Kaiserviten Suetons schuf er die be¬rühmte Vita Karoli Magni, in der er Karl mit Bewunderung und Liebe zum Detail in lebendiger Schilderung darstellt. Ein halbes Jahrhundert später schuf Notker Balbulus (»der Stammler«, 840-912) die Gesta Karoli Magni, in denen Karl weniger authentisch, sondern eher idealisierend als vorbildlicher christlich-fränkischer König gezeichnet wird.

 

Der Dom zu Aachen

Der achtseitige Zentralbau des Doms zu Aachen stellt auch heute noch ein eindrucksvolles Zeugnis der Bautätigkeit von Karls Hol dar. Zudem gibt der aus Marmor gefertigte Kaiserthron im West¬joch des Obergeschosses einen Eindruck von der früh- und hoch¬mittelalterlichen Herrscherinsze-nierung. Die rege Bautätigkeit späterer Jahrhunderte sowie die Bedeutung des Doms werden durch die gotischen Anbauten deutlich, und auch das Grabma Kaiser Ottos III. befindet sich irr Dom (heute zusammen mit den-Karlsschrein im gotischen Chor. saal).

 





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