Donnerstag, 20. August 2015

Rom – Das römische Imperium


Rom – Das römische Imperium

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/v70Ld3OGkN8

Brudermord am Tiber

Die mythischen Anfänge des römiscien Gemeinwesens (753 v. Chr.

 

Die Legende hat die Anfänge Roms tief in die Vergangenheit, ins Jahr 753 v. Chr., verlegt, und bis heute hat sich der Merkvers bei den Schülern gehalten: „Sieben-fünf-drei - Rom kroch aus dem Ei." In Wirklichkeit hat die Besiedlung der Sieben-Hügel-Landschaft am Tiber schon weit vorher eingesetzt. Grabfunde reichen bis ins 2. vorchristliche Jahrtausend zurück. Richtig hingegen liegt die Legende, wenn sie die Gründung mit dem Griechentum verbindet, denn schon für die früheste Zeit lassen sich Handelsverbindungen Roms mit den griechischen Kolonien und entsprechender kultureller Einfluss nachweisen. Der Geschichtsschreiber Titus Livius (59 v.Chr.-17 n.Chr.) hat die mythischen Ursprünge in seinen „Ab urbe

Forum Boarium

Am Ufer des Tibers ließ der Sage nach schon Halbgott Herkules (griechisch Herakles) seine Rinder weiden, als von Rom dort noch nichts zu sehen war. Und tatsächlich fanden sich da, wo heute die Relikte des Forum Boarium zu besichtigen sind, griechische Gefäße aus vorrömischer Zeit und weitere Hinweise, dass bereits zu Beginn des 1. Jahrtausends v.Chr Händler am Tiber-Knie Waren tauschten. Es muss damals auch schon eine Ara Maxima (Altar) des Herkules be-

 

condita libri" (Bücher von der Stadtgründung an) aufgezeichnet, einer bis ins Jahr 9 v.Chr. reichenden Geschichte von Stadt und Staat.

Zuflucht für Verfolgte

Danach waren die Zwillingsbrüder Romulus und Remus, Söhne des Kriegsgottes Mars und einer Sterblichen, der Priesterin Rhea Silvia, Gründer der Stadt. Über ihre Mutter stammten sie aus dem Geschlecht des trojanischen Kriegshelden Aeneas, den es vor Urzeiten in die Landschaft Latium verschlagen hatte. Der jetzige Herrscher des Gebiets, Amulius, missgönnte seiner Nichte Rhea Silvia die Nachkommenschaft und ließ die Säuglinge auf dem Tiber in einem Kasten aussetzen. Das „Schiff-

standen haben, der unter anderem für den Schutz der Händler zuständig war. Den Namen aber erhielt dieses Forum nach seinen Tieren (lateinisch bos = Rind). Der Ort war für einen Viehmarkt bestens geeignet, da in der Nähe eine Furt durch den Fluss führte. Auch später behielt er seine Handelsfunktion, obwohl mit der Zeit, in der die Stadt ihn mehr und mehr schluckte, andere Waren die Besitzer wechselten und im nahen Hafen, dem Portus Tiberinus, angelandet und verschifft wurden.

 

chen" aber wurde an Land geschwemmt, eine Wölfin entdeckte die Knaben und nährte sie, bis ein Hirte sich ihrer annahm und sie großzog. Am Ort ihrer glücklichen Rettung gründeten die Brüder später eine Siedlung und befragten die Götter, nach wem sie die Stadt nennen sollten. Die Götter entschieden für Ro-mulus, und fortan hieß die Siedlung Rom. Der enttäuschte Remus verhöhnte daraufhin den Bruder, indem er über die Furche hüpfte, die dieser gezogen hatte, um den künftigen Befestigungsring anzuzeigen. Wutentbrannt erschlug Romulus den Frevler mit den Worten: „So soll es jedem ergehen, der über meine Mauer springt." In der Folgezeit wurde Rom zur Zuflucht für Verfolgte und Unterdrückte. Soweit die Sage. Über die Frühzeit wissen wir sonst nur wenig aus Bodenfunden und durch sprachhistorische Untersuchungen. Danach wurde das Gebiet Roms zu Beginn des 1. Jahrtausends v.Chr. von den Latinern, einem um 1200 eingewanderten Stamm, bewohnt. Es folgten die Etrusker, die bereits über eine hochentwickelte Zivilisation verfügten. Unter etruskischem Einfluss kam es um 600 v.Chr. zum Zusammenschluss von latinischen Sied-lungen auf den Hügeln am Tiber. Der Name dieser Gemeinde, Rom, ist herzuleiten vom etruskischen Geschlecht Ruma.

 

            Unter fremden Herrschern

Etrus

           

 

 

Den Römern galt Stadtgründer Romulus auch als erster König, dem noch sechs weitere gefolgt seien, ehe es zur Bildung der römischen Republik (lateinisch res publica = öffentliche Angelegenheiten) kam. Vermutlich spielte sich die Strukturierung der Gemeinschaft wie in vielen Gegenden im Verlauf des Anwachsens der Bevölkerungszahl ab: Familien (Clans) mit größerem Landbesitz bildeten mit der Zeit die Elite, ihre Oberhäupter (patres = Väter, daher der Begriff „Patrizier") bestimmten die Geschicke der Ansiedlungen, und schließlich wählten sie einen zum Wächter über den Kult. Seine Nähe zu den Göttern verschaffte ihm zusätzliche Autorität und damit eine herausgehobene Rolle unter den Clanchefs. Er wurde zum Anführer oder eben König (lateinisch rex, daher der Begriff „regieren").

Optimale Lage

Die Siebenzahl dieser Könige ist wie die der Hügel, auf und an denen Rom entstand, eher symbolisch zu verstehen. Denn die überlieferten Herrschaftszeiten für die Könige (durch-schnittlich über 30 Jahre) sind überdehnt, und was als Hügel in der latinischen Landschaft zu gelten hat, ist Definitionssache. Zutreffend aber dürfte tradiert sein, dass die Nachfolger des Romulus etruskische Herrscher waren,

 

denn dieser Volksstamm, dessen Herkunft noch immer nicht ganz geklärt ist, drängte damals von seinem toskanischen Kerngebiet nach Süden. Zeugnisse lassen sich bis Neapel und noch weiter nachweisen. Rom wird die Begehrlichkeit der Etrusker geweckt haben wegen seiner optimalen Lage für den Handel mit dem griechischen Süden der italienischen Halbinsel und mit dem Landesinneren, wohin von den Salinen an der Tiber-Mündung eine Salzstraße führte. Auch waren die Anhöhen gut zu verteidigen. Problematisch nur, dass der Fluss oft über die Ufer trat; erst mit der Zeit gelang es, dem durch Uferbefestigungen zu begegnen.

 

Das erlaubte die Ausdehnung der Weide- und Anbauflächen und machte die angestammten großen Grundbesitzer noch mächtiger. Konflikte mit dem als fremd empfunden Königtum blieben nicht aus. Sie rührten auch daher, dass die Herrscher den militärischen Oberbefehl be-anspruchten und mit der Zeit ein Machtmittel in die Hand bekamen, das sich notfalls auch nach innen nutzen ließ. Die Könige agierten immer selbstherrlicher, nahmen Rat kaum noch an und provozierten damit wachsenden Widerstand bei den Patriziern. Im Jahr 510/509 entledigten sich diese schließlich des etruskischen Königtums, was die Legende später fantasievoll ausschmückte (siehe Kasten).

Willkommenes Erbe

Errungenschaften aus der Königszeit (6./5. Jh.)

 

Natürlich versuchte die Herrscherfamilie, die Stadt zurückzugewinnen, doch alle Angriffe scheiterten am Mut der Römer (siehe Kasten). Sie waren nun die etruskischen Könige los, übernahmen aber von den Etruskern viele Errungenschaften wie etwa die hochentwickelte Technik der Metallgewinnung und die Kunst des Schmiedens von Gefäßen und Waffen. Auch politische Muster aus etruskischer Zeit blieben erhalten, zum Beispiel die Purpurge-wänder der obersten Beamten oder die Insignien der Liktoren, den Sicherheitskräften zum Schutz hochgestellter Persönlichkeiten. Die Liktoren trugen zum Zeichen ihrer Macht ein Rutenbündel (fasees) über der Schulter, au-

 

ßerhalb der heiligen Grenze der Stadt (urbs) mit einem Beil darin. Auch diese Grenze, das sogenannte pomerium (von post murum = hinter der Mauer), stammte aus der Etrusker-zeit; es umfriedete ein Kernareal, das — modern gesagt — entmilitarisiert war.

Wohlstand dank Kriegsbeute

Und das sich neu formierende römische Gemeinwesen kam natürlich auch in den Genuss der Machtfülle, die ihm die Könige erkämpft hatten. Die Stadt hatte inzwischen gut 35000 Bewohner und kontrollierte ein Gebiet von annähernd 900 Quadratkilometern in Latium; ihr Einfluss reichte noch darüber hinaus. Belegen

 

lässt sich diese Vormachtstellung in Mittelitalien durch Funde aus dem 6. Jahrhundert v.Chr., die vom großen Reichtum zeugen. Den konnten die Römer kaum allein aus landwirtschaftlichen Überschüssen und durch Handel erwirtschaftet haben, er war wohl eher, dafür sprechen auch die gefundenen Gegenstände selbst, in erster Linie auf Kriegsbeute zurückzuführen.

Verräterischer Tempelbau

Auch dem Ausbau der Stadt war der herbeige-siegte Wohlstand zugute gekommen. Noch in die Zeit der etruskischen Könige fielen einige Tempelbauten sowie erste Bemühungen um eine Befestigung des Tiber-Hafens. Überhaupt beeinflusste die etruskische Kultur die römische Religion nachhaltig, was die spätere umfassende Anlehnung an die griechische Götterwelt begünstigte. Das war schon zur Königszeit bemerklich geworden, als der „überhebliche” Tarquinius mit dem Bau eines großen Jupiter-Tempels begonnen hatte. Mit der Verehrung eines höchsten Gottes nach dem Beispiel des Zeus strebte er eine Hierar-chisierung des Himmels an und spiegelbildlich die sakrale Verankerung seines Königtums. Vielleicht auch das ein Auslöser der Revolte der Großen Roms gegen ihn.

 

Sicherungen vor Machtmissbrauch

Politische Neuordnung des Stadtstaates (um 500 v. Chr.)

 

Die Beseitigung der Monarchie war eine Art Revolution von oben. Als Gewinner konnten sich die Patrizier fühlen, also die aufgrund ihres Besitzes führenden Sippen. Hatten sie allerdings die Rückkehr zu informellen Zuständen der Frühzeit, als der Stadtverband noch lose war, angestrebt, so ließ sich dies in der bedrohten Lage nicht verwirklichen. Man brauchte klare Regelungen, wer die Führung beanspruchen durfte, und einigte sich auf ein Modell, das gegen missbräuchliche Amtsführung Sicherungen einbaute: An die Spitze des Stadtstaates traten zwei von den Vertretern der Patrizier gewählte Konsuln, die beide auto-

Wir sind das Volk

Die Erbitterung der Volksmasse (plebs) nahm sol-che Formen an, dass die Leute ihre Streitigkeiten begruben, im Jahr 494 zur Durchsetzung ihrer Forderungen einträchtig die Stadt verließen und auf den Heiligen Berg, den mons sacer nördlich der Mauern zogen. Das brachte die verbliebenen Adligen (patricii) in Bedrängnis, und sie entsand-ten Menenius Agrippo, der selbst aus bescheide-nen Verhältnissen stammte, zu den Plebejern. Mit politischen Zugeständnissen (u. a. Schaffung des Amts der Volkstribunen) und einem plastischen Gleichnis konnte er die Menschen schließlich zur

 

nom alle politischen Fragen entscheiden durften und sich darin nur gegenseitig blockieren konnten. Außerdem erhielten sie ihr Mandat immer nur für ein Jahr, damit sich gefährliche Seilschaften erst gar nicht bildeten.

Innere Konflikte

Allenfalls halbhistorisch ist die Bestellung der Lukretia-Rächer Brutus und Collatinus zu den ersten Anführern der jungen Adelsrepublik. Sie stehen für viele Mitwirkende am der Neuord-nung der römischen Verhältnisse und dafür, dass diese im Sinn einer Oberschicht geschah, was innere Konflikte programmierte. Die plebs

Rückkehr in die Stadt bewegen: Die Glieder des Körpers, so führte er aus, waren es leid, immer nur für den faul genießenden Magen zu arbeiten, und stellten die Tätigkeit ein. Die Finger griffen keine Speise mehr, die Hände führten sie nicht mehr zum Mund, und die Zähne hörten auf zu kauen. „Wir werden es dem fetten Fresser schon zeigenrsagten sie zueinander. Bald aber merkten sie, dass sie immer schwächer wurden, weil der Magen nicht mehr verdaute und keine Energie mehr lieferte. Da besannen sie sich auf ihre Aufgaben und übernahmen sie wieder mit neuem Fleiß zum gemeinsamen Wohl.

 

(= Masse) nämlich blieb weitgehend rechtlos und war von politischer Mitwirkung ausge-schlossen. Das warf in einer höchst unruhigen Zeit schwere Probleme auf, in der gerade die Plebejer für die Kriegführung dringend ge-braucht wurden und die aus ihnen gebildeten Fußtruppen gegenüber der adligen Reiterei an Gewicht gewannen. Der Unmut - heute hieße das Politikverdrossenheit - spitzte sich zu; ver-einzelt zunächst, dann anschwellend kam es zu Befehlsverweigerung, von der Legende als eine Art Aufstand überliefert (siehe Kasten). Weitere Vorschriften schürten die Unzufriedenheit der kleinen Leute: So waren Eheschließungen zwischen Plebejern und Patriziern verboten. Erobertes Land wurde nur an patrizische Familien verteilt. Plebejer konnten ihre Sache nicht selbst vor Gericht bringen, sondern mussten sich vom adligen Patron vertreten lassen. Ein Diktator (von dictare = ansagen, befehlen) konnte natürlich auch nur aus der Führungsschicht kommen. Das war ein in Krisenzeiten zu wählender Oberkommandie-render, der die gesamte Macht von den beiden Konsuln übernahm und alle notwendigen Maßnahmen bis hin zu Zwangsverpflichtungen zum Schutz des Volkes ergreifen konnte. Nach sechs Monaten aber endete auch sein Mandat.

 

            Gegen Bergvölker und Etrusker

Vom Stadtstaat zur Territorialmacht (5. Jh.)

                       

                       

 

 

Ein so dramatischer politischer Umbruch, wie er sich in Rom um die Wende vom 6. zum 5. Jahrhundert abgespielt hatte, ließ Nachbarn Morgenluft wittern. Gemeinden in Latium, denen Roms Dominanz schon lange lästig war, versuchten, dem angeschlagenen Stadtstaat Positionen im Tibertal abzujagen. Daraus ent-wickelte sich seit 498 Roms Latinerkrieg. Er zog sich fünf Jahre lang hin und brachte dennoch keine militärische Entscheidung. Es wuchs aber die Erkenntnis, dass die investierten Mittel besser anderweitig eingesetzt würden. Das fruchtbare Latium sah sich nämlich immer häufigeren Angriffen der sogenannten Bergvölker ausgesetzt, die zu Beutezügen vor-stießen. Der Latinerkrieg endete schließlich mit einem Bündnis der bisherigen Gegner, dem nach dem römischen Unterhändler Spurius Cassius benannten foedus Cassianum. Es be-gründete eine Wehrgemeinschaft der sprachlich und kulturell eng verwandten Latiner, in der Rom die Führung übernahm.

Wehrhafte Außenposten

Das Zusammengehen bewährte sich. Volsker, Sabiner und Aequer, um nur die drei wichtigs-ten der wilden Bergstämme zu nennen, konnten nicht bloß in Schach gehalten, sondern zurückgedrängt werden. Die besetzten Gebie-

 

te teilten sich Latiner und Römer und besiedel-ten sie. Die Bewohner der so im Verlauf des 5. vorchristlichen Jahrhunderts entstehenden Gemeinden erhielten dieselben Rechte wie die Stadtrömer. Damit und mit geschickt dosierten weiteren Zugeständnissen (siehe Kasten) an die Plebejer motivierte die regierende Schicht ihre Kolonisten in diesen Außenposten für den riskanten und aufreibenden Dienst, ohne an der überkommenen Staatsarchitektur grundsätzliche Änderungen vorzunehmen.

Während der ständig aufflackernden Kämpfe musste sich Rom weiterhin vor den Etruskern in acht nehmen. Ihr Einfluss auf die Geschicke der Stadt war beseitigt, doch ihre Handels-

Zwölftafelgesetz

Wachsende Lasten, wie sie im waffenklirrenden 5. Jahrhundert zu tragen waren, ließen sich dem Volk nur aufbürden, wenn ihm die Führungsschicht sozial und rechtlich entgegenkam. Vor altem nach Rechtssicherheit verlangten die Menschen. Im Jahr 450 berief man daher zehn Männer zur Niederschrift des geltenden Rechts. Auf zwölf öffentlich ausgestellte Tafeln wurde die Gleichheit von Patriziern und Plebejern vor dem Gesetz festgeschrieben. Allerdings blieb es bei einem harten Schuldrecht, das die ärmere Be-

 

konkurrenz und ihr territorialer Appetit blieben eine Gefahr. Verkörpert wurde sie durch die Stadt Veji, die kaum anderthalb Dutzend Kilometer nördlich von Rom lag und den Tiber in Reichweite hatte. Da kam es oft zu bewaffneten Konflikten, nach der Legende sogar zu Kriegen, von denen sich aber nur der letzte um 400 erbittert ausgefochtene als historisch gesichert ansehen lässt. Mindestens ein Jahrzehnt lang wechselte das Kriegsglück, ehe Veji 391 (römische Überlieferung 396) bezwungen war. Rom verleibte die Konkurrenz dem eigenen Gebiet ein und war damit zu einer beachtlichen Territorialmacht in Mittelitalien herangewachsen.

völkerung weiterhin disziplinierte: „Wenn jemand dem Spruch zur Zahlung seiner Schuld nicht nachkommt, so mag man ihn mit sich nehmen und fesseln mit Beinschellen und Fußblock, 15 Pfund schwer, nicht weniger, eher, wenn man will, noch schwerer" Im Gefolge dieses Zwölftafelgesetzes kam es bald zu weiteren Zugeständnissen. So fiel das Heiratsverbot zwischen den Gesellschafts-schichten, und es öffnete sich für wohlhabende Plebejer der Zugang zu ehrenvollen Ämtern. Bis zur Zulassung zum Konsulat sollte es allerdings noch fast ein Jahrhundert dauern.

Wehe den Besiegten!

Invasion der Gallier und Plüncerung Roms (387 v.Chr.)

 

Nur wenige Jahre konnte Rom die Ausschaltung des Rivalen Veji genießen. Von Norden nahte eine neue Bedrohung in Gestalt der Kelten oder Gallier. Dieses ursprünglich am Niederrhein siedelnde Volk hatte sich süd- und westwärts nach Burgund und bis Spanien ausgedehnt und drang um 390 über die Alpen nach Norditalien vor. Etrurien wurde sein erstes Opfer, wobei die kriegerischen Kelten keine dauerhafte Landnahme planten, sondern in erster Linie an Beute interessiert waren. Rom, darüber machte sich niemand IlluSionen, würde über kurz oder lang auch in ihr Visier geraten. Als daher das von den Galliern bedrängte Clusium (Chiusi) die Stadt um Hilfe bat, zog ein römisches Heer von angeblich 40 000

 

Mann den Eroberern entgegen und erlitt an der Allia (Fosso di Bettina), einem linken Tiber-Zufluss, eine vernichtende Niederlage. Das Datum der Schlacht, nach römischer Überlieferung der 18. Juli 387 v.Chr., ging als „Schwarzer Tag" (dies ater) in die Geschichte ein und begründete die notorische Gallier-furcht (metus Gallicus) der Römer.

Die Stadt ein Trümmerhaufen

Die versprengten römischen Soldaten suchten Zuflucht in Rom, das aber nicht mehr die Mittel zu effektiver Verteidigung besaß. Nur auf dem Kapitol konnte sich eine Garnison verschanzen und soll dort sogar eine siebenmonatige Belagerung überstanden haben (siehe

 

Kasten). Ohnmächtig allerdings mussten die dort Ausharrenden mit ansehen, wie Rom geplündert und verwüstet wurde. Die Gallier transportierten alles ab, was sie irgend zu brauchen meinten. Die Frauen hatten allen Schmuck abliefern müssen, und ganz zum Schluss verlangte der Gallier-Anführer Bren-nus noch eine riesige Lösegeldsumme für den Abzug. Über die Höhe der Zahlung soll es dabei zu so heftigen Beschwerden der Römer gekommen sein, dass Brennus erbost sein Schwert als Gegengewicht zusätzlich in die Waagschale legte und damit die Forderung nochmals erhöhte mit den grimmigen Worten: „Vae victis!"(Wehe den Besiegten!).

Die Berichte wissen aber auch von einem letzten römischen Aufgebot, das Rom schließlich befreit haben soll. Das lässt sich allerdings nicht belegen und sollte vermutlich auch nur die verwundete römische Heldenseele besänftigen. Ihr drohte schon bald neue Gefahr, denn die bisherigen latinischen Bundesgenossen begannen sich gegen die Führung der ge-schwächten Stadt aufzulehnen. Der Konflikt ließ sich lange unter Kontrolle halten, eskalierte aber im Jahr 340 und führte zu heftigen Kämpfen, aus denen Rom 338 als Sieger hervorging. Es löste den Latinerbund auf und dehnte seine

 

            Aufs Praktische gerichtet

Frührömische Götterwelt und Verehrung der A inen

                       

 

 

In der Prägephase Roms, also während der Königszeit und in der frühen Republik, stand der Stadtstaat unter dem Einfluss überlegener Kulturen. Von Süden machten sich griechische Impulse bemerkbar, von Norden strömte etruskisches Gedankengut in die noch lange bäuerisch geprägte religiöse Vorstellungswelt der Römer. Sie formten allerdings das Fremde so um, dass es zu ihrer einfachen, nüchternen und aufs Praktische gerichteten Lebensweise passte. Deren Säulen waren Respekt vor den Göttern, Hochschätzung der Leistungen der Vorfahren, Achtung vor Gesetz und Recht, Wahrung von Tugenden wie Treue, Fleiß, Wahrhaftigkeit und Familiensinn.

 

So entsprachen zwar viele Gottheiten im römischen Himmel direkt denen der Griechen, doch fehlte ihnen die pralle Pracht der „Kollegen" auf dem Olymp. Indogermanischer Herkunft wie der griechische Zeus war Roms oberster Himmelsherrscher Jupiter, und auch seine Frau luno hatte in Hera ihre olympische Entsprechung, doch ihre Verehrung trug ernstere Züge als in Griechenland. Mythen von den erotischen Eskapaden der obersten Gottheiten und ihren Zwistigkeiten waren bekannt, aber nicht Teil des Kultes. Der konzentrierte sich auf die Pflege der Bindung (religio kommt von religa-re = festbinden) an die Himmlischen und auf Bitten um Beistand bei der Bewältigung des

 

Alltags oder besonderer Herausforderungen. Kein Wunder, dass sich eine vielfältige Schar von „niedrigeren" Gottheiten bildete mit je spezieller Zuständigkeit: Janus bewachte die Schwelle des Hauses und hielt Dämonen wie Feinde fern, Terminus schützte die Grenzen und das Eigentum, die Laren nahmen sich der Reisenden, der Familien und der Feldfluren an. Die Göttin Vesta hielt das Herdfeuer in Gang, und die Penaten behüteten die Vorräte.

Die Ahnen waren immer anwesend

Alle Götter verlangten Opfer und dankten dafür mit Hinweisen darauf, was in dieser oder jener Lage zu tun war. Vor Kriegszügen und möglicherweise folgenschweren Entscheidungen befragten Priester die entsprechende Gottheit mit Hilfe besonderer Techniken (siehe Kasten). In familiären Angelegenheiten oblag dem Oberhaupt (pater familias)das Opfer für die Hausgötter und für die Ahnen, deren Bilder in einem Vorraum aufgestellt waren. Ging es bei den Göttern darum, sie günstig zu stimmen, so verehrte man die Vorfahren aus Dank. Auf sie und ihre Tüchtigkeit führte die Familie ja ihren sozialen Rang zurück. Zum Zeichen der ewigen Verbundenheit wurden bei Beerdigungen Bilder der Ahnen mitgeführt, zu denen der Verstorbene nun aufrückte.

 

EL-' Hilfeersuchen gerne angenommen

 

 

Konflikte mit den Samniten, Angehörigen von Bergstämmen aus dem mittleren und südlichen Apennin, gab es schon früher. Der Bericht über einen ersten Krieg zwischen Rom und den Samniten in den Jahren 343 bis 341 hat wohl hier seine Grundlage, denn historisch zu belegen ist er nicht. Es ging bei den ersten Zusam-menstößen um den wachsenden Einfluss Roms in Kampanien (Landstrich an der Südwestküste bis südlich von Neapel), auf dessen fruchtbare Böden auch die Samniten ein Auge geworfen hatten. Sie hatten aber Rom mit ihren eigenen Vorstößen Richtung Küste selbst auf den Plan gerufen, denn die dort betroffenen Städte wie etwa Capua suchten bei den mächtigen Rö-

 

mern um Hilfe nach, die diese nur zu gern gewährten. Sie erhielten so Gelegenheit, ihre Strategie des Vorschiebens von Wehrsiedlungen auch gegen die Samniten zu praktizieren. Dadurch fühlten sich diese wiederum provoziert, und es kam seit 326 zum (zweiten) Krieg. Er zog sich fast zwei Jahrzehnte lang hin, obwohl er schon 321 mit dem Sieg der Samniten bei den Kaudinischen Pässen (furculae Caudi-nae, eigentlich kaudinische Gabeln) östlich von Neapel beendet schien. Das römische Heer war in eine Falle geraten und seine Reste mussten unter demütigenden Bedingungen abziehen (siehe Kasten). Es wären aber keine bäuerisch-zähen Römer gewesen, wenn sie

 

nicht umgehend und nun gerade auf Revanche gesonnen hätten. Allerdings mussten dafür erst neue Rüstungen in Angriff genommen und die Ausgangspositionen verstärkt werden, worüber ein Jahrzehnt unter vereinzelten Gefechten verging (z.B. römische Nie-derlage bei Lautulae 315). Dann ging Rom in die Offensive und konnte die Samniten nach der Einnahme ihrer Hauptstadt Bovianum im Jahr 304 zu einem Frieden zwingen, der die römische Herrschaft in Kampanien bestätigte.

Sieg nach einem halben Jahrhundert

Er hielt nicht lange, denn die Samniten standen den Römern an Hartnäckigkeit nicht nach. Sie verbündeten sich mit den Gegnern Roms im Norden und nahmen 298 die Feindseligkeiten wieder auf. Rom verließ sich bei diesem (dritten) Waffengang im Süden auf seine Kolonien und wandte sich zunächst gegen Etrusker und Umbrer im Norden. Bei Sentinum (nahe dem heutigen Sassoferrato) in den um-brischen Bergen gelang den Römern 295 der entscheidende Sieg, der ihnen die Umgruppierung ihrer Truppen nach Süden erlaubte. Obwohl nun ohne Unterstützung, hielten die Samniten noch bis 290 durch, ehe sie sich der römischen Übermacht beugten und Roms Vorherrschaft anerkannten.

 

Bildung eines Amtsadels

Gleichstellung der Plebejer (bis um 300 v. C

 

Die Anspannung aller Kräfte des Gemeinwesens zur Verteidigung, aber auch im Dienst einer expansiven Politik für die wachsende Bevölkerung, war den Menschen nur zuzumuten, wenn sie sich auch für sie lohnte. Der Aufstieg Roms war daher mit sozialen und politischen Reformen verbunden, die den Plebejern weitere Rechte brachten. Die sogenannte Zen-turienverfassung aus der 2. Hälfte des 5. Jahrhunderts gehörte dazu: Die Bürger wurden danach von zwei Zensoren nach Vermögen in 193 Hundertschaften (Zenturien, centum = hundert) eingeteilt. Neben 18 patrizischen (adligen) Zenturien der Reiterei standen 80 schwerbewaffnete Zenturien der wohlhabenden Landbesitzer und 90 leichtbewaffnete Zenturien der Kleinbauern, Handwerker und Kaufleute sowie fünf unbewaffnete Zenturien der Techniker, Musiker und Meldegänger.

Abstimmung nach Vermögensklassen

Die Zenturien verkörperten das bewaffnete Volk; es versammelte sich vor wichtigen Entscheidungen auf dem Marsfeld westlich der Stadtmauern. Hier stimmte man über Krieg und Frieden ebenso ab wie über die Berufung der höchsten Beamten und über die von den Konsuln vorgeschlagenen Gesetze. Die Überzahl der Plebejer wurde dadurch neutralisiert,

 

dass geschlossen nach Vermögensklassen abgestimmt wurde. Da erfahrungsgemäß die reichen Schwerbewaffneten mit den Patriziern einig waren, stand das Ergebnis meistens schon nach der Stimmabgabe der beiden ersten Gruppen fest, die mit 98 Zenturien die Mehrheit hatten. Der Fortschritt bestand also nur in der Ablösung des Standesprinzips durch das des Grundbesitzes.

Bald konnten Plebejer auch das Konsulat bekleiden; seit 366 sollten sie sogar immer einen der Konsuln stellen. In Frage dafür kamen wie für das Volkstribunat (siehe Kasten) nur sehr angesehene, weil reiche und mithin einfluss-

 

reiche Männer. Im Verlauf der Samnitenkriege erhielten die Plebejer dann Zugang zu allen hohen Staats- und Priesterämtern, so dass um 300 die rechtliche, soziale und politische Gleichstellung beider Stände weitgehend vollendet war. Den Schlussstein des Ausgleichs setzte der zum Diktator ernannte Quintus Hor-tensius 287 mit einem Gesetz, das die Beschlüsse der plebs für alle Römer, auch die Patrizier, verbindlich machte (Lex Hortensia). Aus der formalen Gleichheit aber entstand neue Ungleichheit: Neben den Blutadel trat eine parallele Oberschicht: der Amtsadel der reichen Plebejer-Familien.

 

In

Ruinöse Triumphe Zäher Krieg gegen Tarent und Pyrrhus von Epirus (282-272)

 

Schon vor der Zeit der mythischen Gründung Roms gab es griechische Kolonien an den Küsten Unteritaliens. Zu politischer Gemeinsamkeit aber fanden sie nicht. Die Konflikte in der Heimat verlängerten sich bis hierher und ver-hinderten tragfähige Bündnisse. Nachdem Rom zur Führungsmacht in Mittelitalien aufgestiegen war, suchten von Bergstämmen bedrohte Griechenstädte daher lieber Schutz bei den Römern als bei ihren griechischen Nachbarn. Das kam Roms Strategie der Bildung von Stützpunkten entgegen, von denen aus sie die Expansion weiter vorantreiben konnten. Im Jahr 282 rief das von Lukanern belagerte Thu-rii die Römer zur Hilfe, die den Ring sprengten und gegen neue Angriffe eine Schutztruppe in der Stadt zurückließen. Davon fühlte sich die mächtigste griechische, genauer: spartanische Kolonie Tarent am gleichnamigen Golf provoziert. Ihre Flotte attackierte ein vor der Küste ankerndes römisches Geschwader und zwang die römische Garnison in Thurii zur Aufgabe.

Wie ein Erdbeben

So schmerzhaft die Schlappe war, so gelegen kam sie Rom, das im reichen Tarent schon lange einen Störfaktor für seine süditalienischen Pläne gesehen hatte. Verhandlungen (siehe Kasten) scheiterten, Krieg wurde unvermeid-

 

lich. Tarent bat König Pyrrhus von Epirus, dessen Land am gegenüberliegenden Ufer der Adria lag, um Hilfe, die dieser in der Hoffnung auf Erweiterung seiner Machtbasis gewährte. Er führte höchstselbst eine beachtlichen Streit-

Drastische Diplomatie

Dass es Rom ernst war, einen Krieg mit Tarent zu vermeiden, steht zu bezweifeln. Warum den-noch eine Gesandtschaft an den Golf reiste? Vielleicht wollte man nicht als Aggressor daste-hen, und schaden konnte es zudem nicht, die Entschlossenheit des Gegners zu prüfen. Sie wurde den römischen Emissären drastisch de-monstriert, wobei die Fabulierlust der Ge-schichtsschreiber ein wenig übertrieben haben mag. Wie in Griechenstädten üblich stellte der römische Delegationsleiter seine Verständi-gungsvorschläge auf der Volksversammlung dar, höflichkeitshalber auf Griechisch. Dabei machte er ein paar Schnitzer, was bei den Hörern hämische Heiterkeit auslöste. In dieser Stimmung sah es ein stadtbekannter tarentini-scher Witzbold als besonders lustig an, sein Wasser an der Toga des Römers abzuschlagen. Der ertrug die Schmach zunächst wortlos und wandte sich dann an das Volk: „Dieses Kleid werdet ihr mit eurem Blut reinigen müssen."

 

macht von angeblich 20 000 Infanteristen, 3000 Reitern und 26 Kriegselefanten, die „wie ein alles zerstörendes Erdbeben" über die Römer kamen, so der Geschichtsschreiber Plutarch (46-120 n.Chr.). Während aber die Römer Verluste relativ rasch ersetzen konnten, war Pyrrhus von Nachschub weitgehend abgeschnitten. Zwar siegte er in mehreren Treffen, doch zu einem so hohen Preis, dass sich für solche ruinösen Triumphe der Begriff „Pyrrhussiege" einbürgerte. „Noch ein solcher Sieg", soll der König gesagt haben, „und ich bin verloren."

Hinzu kam die Bedrohung der Griechenstädte auf Sizilien durch die Seemacht Karthago. Auch gegen sie wandte sich Pyrrhus, und wieder gab es eine Kette von Siegen, die aber zu weiterer Erschöpfung führten. Aufs Festland zurückgekehrt, sah sich Pyrrhus erneut einem römischen Heer gegenüber. Bei Benevent konnte dieses im Jahr 275 erstmals eine Schlacht gegen den König offen gestalten, der den Kampf daraufhin aufgab und seine verbliebenen Truppen nach Epirus zurückführte. Tarent allein konnte nur noch hinhaltend Widerstand leisten und musste sich 272 den Römern ergeben. Sie beherrschten nun direkt oder durch Bündnisse den gesamten italieni-schen Stiefel.

 

Beute und Ehre

Heerwesen und Bündnispolitik

 

Vielleicht das Erstaunlichste am Aufstieg Roms zur Herrin von ganz Italien war die Tatsache, dass die meisten, ja fast alle ihre Kriege mit Niederlagen begannen. Darunter waren viele, die das Gemeinwesen am Tiber an den Rand der Existenz führten. Auf den Gedanken aber, sich zu bescheiden oder gar aufzugeben, kam niemand. Das war nicht nur der römischen Mentalität fremd, sondern hatte auch damit zu tun, dass letztlich alle von der Expansionspolitik profitierten. Nicht einmal die schweren inneren Konflikte zwischen Plebejern und Patriziern konnten daher die Wehrhaftigkeit nennenswert mindern. Der Dienst mit der Waffe war für den Römer eine Selbstverständlichkeit, und er kam dem zwischen dem 16. und

 

46. Lebensjahr klaglos, wenn nicht gern nach, winkten doch Beute und Ehre. Über das Risiko des Kampfeinsatzes machte er sich kaum Gedanken. Im Gegenteil: Das Wort des Dichters Horaz (65-8 v.Chr.) galt schon immer: „Dulce et decorum est pro patria mori- Süß und ehrenvoll ist das Sterben fürs Vaterland."

Hohe Motivation brauchte es anfangs zudem wegen der geringen Zahl wehrfähiger Männer. Zunächst konnte das junge Rom nur eine Legion (von legere = [aus-]lesen) aufbieten, rund 3000 Mann, da aus wirtschaftlichen Gründen immer nur ein Teil der männlichen Bevölkerung zu mobilisieren war; wer einrücken musste oder besser: durfte, darüber entschied das Los. Die Heeresstärke vervielfachte

 

sich rasch, hielt jedoch kaum Schritt mit den zunehmenden militärischen Aufgaben. Rom entwickelte daher ein besonderes Geschick bei der Behandlung von Besiegten, die es sich durch Entgegenkommen oft zu Verbündeten zu machen verstand. Man vereinbarte gegen-seitigen militärischen Beistand, wobei Rom sich die alleinige Entscheidung über Waffengänge vorbehielt. Dabei achtete man strikt darauf, dass es sich um einen „gerechten und frommen Krieg" (bellum iustum et pium) handelte zur Grenzverteidigung, zum Schutz von Schwächeren, zur Ahndung von Vertragsbrüchen oder zur Herstellung von Frieden.

Bewährung durch Leistung

Mit der Zeit gebot die Stadt über ein Netz von Bundesgenossen und verbreiterte damit ihre personelle Basis entscheidend: Latiner und Sa-biner erhielten volles Bürgerrecht, andere nur das eingeschränkte ohne Wahlrecht, und die meisten weiter weg liegenden Partner waren sozusagen assoziierte Mitglieder des römischen Systems, die sich erst noch durch militärische Leistungen für engere Beziehungen empfehlen mussten. Hinzu kamen von Römern besiedelte Stützpunkte (Kolonien, von colere = Land bebauen), die durch Heerstraßen (siehe Kasten) verbunden wurden.

 

Kollision mit einer Großmacht

Der erste Punische Krieg (264-241)

 

Zum Aufstieg Roms beigetragen hatte auch eine Macht, die aus dem Osten stammte (Gebiet um die Hafenstädte Tyros und Sidon) und die nun den Westen des Mittelmeers beherrschte: die Seefahrernation der Phönizier, von den Römern Punier genannt. Sie hatten die blühende Handelsstadt Karthago an der Sizilien gegenüber liegenden afrikanischen Küste gegründet und waren daher in Konkurrenz zu den dortigen Griechenstädten und auch zu denen auf dem italienischen Festland geraten. Insofern waren sie natürliche Verbündete für Rom gegen Tarent und hatten im Krieg gegen Pyrrhus mit ihrer Flotte sogar rö-mische Truppentransporte abgewickelt. Das Bild wandelte sich, als die griechische Kolonie Messana (Messina) an der Nordostspitze Siziliens Rom im Jahr 264 um Beistand gegen das griechische Syrakus im Süden der Insel bat und römische Truppen landeten.

Schritt vor die Haustür

Was veranlasste die Römer, die noch alle Hände voll zu tun hatten, in Italien Ordnung zu schaffen, zum Eingreifen zugunsten einer Bande von Desperados? Messana hatten nämlich erst kürzlich Mamertiner erobert, itali-sehe Söldner aus Kampanien, die für Brutalität und dafür bekannt waren, dass sie gern dort

 

ernteten, wo sie nicht gesät hatten. Nicht zuletzt deswegen war der Konflikt mit Syrakus ausgebrochen. Und: Messana hatte auch die Karthager um Hilfe ersucht; eine punische Besatzung lag bereits in der Hafenstadt. Rom riskierte also mit der Einmischung einen Krieg mit einer wirklichen Großmacht. Römische Geschichtsschreiber haben behauptet, dass die Römer darüber nicht Bescheid gewusst hätten,

Provinzen

Erstmals hatte Rom über das italische Festland hinausgegriffen. Die Griechenstädte auf Sizilien gliederte es dem Bündnissystem an, machte aber das übrige Sizilien zu einer Provinz. Es erhielt damit einen bisher nicht bekannten Status als Land, das Rom gehörte und von dessen Ernteerträgen es daher den Zehnten forderte. Ein römischer Statthalter (ehemaliger Konsul) regierte die Insel mehr oder weniger despotisch, da kaum einer Kontrolle unterworfen. Das Modell wurde wenig später auch auf Korsika und Sardinien ausgedehnt, die Rom als weitere Pro-vinzen während einer Schwächephase Karthagos aufgrund von Söldneraufständen annektierte. Im Kampf gegen illyrische Seeräuber folgte bald als weiteres Schutzgebiet, später ebenfalls Provinz, die dalmatinische Küste.

 

was wenig wahrscheinlich ist. Eher reizte wieder einmal Beute und die Chance, auf der Insel vor der eigenen Haustür Fuß zu fassen.

Fiasko in Afrika

So furchtbar überrascht von der Kollision dürften sie also kaum gewesen sein. Als Landmacht hatte Rom bald die Oberhand auf Sizilien, doch die eigenen Küsten gerieten immer wieder durch punische Flotten in Gefahr. Mit Hilfe unteritalischer Griechenstädte bauten die Römer daher Kriegsschiffe. Bei Mylae an der sizilischen Nordostküste errangen sie unter Konsul Gaius Duilius im Jahr 260 einen glän-zenden Sieg dank einer genialen Erfindung: Sie setzten nicht mehr auf Rammen und Versenken der feindlichen Schiffe, sondern hakten sich mit einer Enterbrücke fest, stürmten hinüber und entschieden die Schlacht an Bord. So kamen ihre Tugenden aus den Landkriegen zum Tragen. Zum Fiasko wurde dagegen eine Expedition gegen Karthago selbst. 255 erlitten die Römer in Afrika eine schwere Niederlage. Rom musste sich nach Sizilien zurückziehen und konnte erst in einem jahrelangen Abnut-zungskrieg und durch einen Seesieg bei den Ägatischen Inseln Karthago 241 zur Aufgabe und zur Zahlung horrender Kriegsentschädigungen zwingen.

 

            Mit Elefanten über die Alpen

Ausbruch und Auftakt des zweiten Punischen Kriegs (218-216)

           

 

 

Schwer zu schaffen gemacht hatte den Rö-mern im ersten Punischen Krieg Hamilkar Bar-kas (um 290-229), der karthagische Befehlshaber auf Sizilien. Nach der Kapitulation fand er ein neues Betätigungsfeld auf der Iberischen Halbinsel, deren Süden er für Karthago erschloss und damit den Verlust Siziliens wett machte. Nach Hamilkars Tod setzte Schwiegersohn Hasdrubal dessen Werk erfolgreich fort und gründete in Spanien Carthago Nova (Cartagena).

Rom hatte der neuen Stoßrichtung der punischen Aktivitäten zunächst wenig Aufmerksamkeit geschenkt und sich auf die Organisation der gewonnenen Provinzen konzentriert. Erst jetzt erwachte Argwohn am Tiber. An einem Wiedererstarken des Gegners konnte nie-mandem gelegen sein. Hasdrubal ließ sich schließlich auf einen Vertrag mit Rom ein, der den nordspanischen Fluss Ebro als Grenze der Interessensphären festlegte. Die Vereinbarung hielt nicht lange, denn Rom erklärte sich auf Bitten der Stadt Sagunt (beim heutigen Valencia) zu deren Schutzmacht. Nach Hasdrubals Tod im Jahr 221 war Hamilkars Sohn Hannibal (247-183) punischer Feldherr in Spanien geworden, ein impulsiver Mann, der Roms Vorgehen als Vertragsbruch ansah und Sagunt zerstören ließ. Es kam erneut zum Krieg. Und da

 

Hannibal nur über ein relativ kleines Söldnerheer von etwa 60 000 Mann verfügte, musste er die römische Überlegenheit durch Schnelligkeit zu kompensieren suchen.

Überrumpelte Römer

In einem von niemandem für möglich gehaltenen Gewaltmarsch stieß er 218 mit 37 Kriegselefanten zur Rhöne und von dort über die Alpen nach Italien vor. Zwar ging seine Hoffnung auf massenweisen Abfall der Bundesgenossen Roms nicht auf, doch der Überraschungseffekt bescherte ihm eine Triumph-

 

serie. In einem Reitergefecht am Ticinus warf er die Römer über den Po zurück und rieb noch vor Jahresende ein römisches Aufgebot an der Trebia auf, einem rechten Po-Zufluss. Im Folgejahr marschierte er mit keltischen Hilfsvölkern auf Rom, umging Auffangstellungen der Römer und schlug am Trasimeni-schen See ein völlig überrumpeltes feindliches Heer unter dem Konsul Flaminius, der den Tod fand. Rom schien verloren. Noch einmal aber ließ sich Hannibal abdrängen, ehe es 216 bei Cannae zur Entscheidungsschlacht kam (siehe Kasten).

 

31 Ermattungsstrategie

Entscheidung im zweiten Punischen Krieg (215-201)

 

„Vincere scis, sed victoria uti nescis - Du weißt zu siegen, den Sieg zu nutzen aber weißt du nicht!" Das hielt einer seiner Offiziere Hannibal vor, als der Feldherr nach Cannae zögerte, nun direkt auf Rom zu marschieren. Dafür hatte er gute Gründe, denn Rom hatte zwar die Initiative eingebüßt, war aber keineswegs geschlagen. Auch hielt sein Bündnissystem trotz des Schocks; nur Capua und Syrakus, später auch Tarent lösten sich aus der Bindung an Rom. Zudem hatte Hannibal seinerseits mit erheblichen Nachschubschwierig-keiten zu kämpfen und musste weitere Verluste um jeden Preis zu vermeiden suchen. Diese Lage nutzte Quintus Fabius Maximus aus. Endlich hatte man in Rom das Genie des „Zöge-rers" begriffen und ihm erneut das Kommando gegeben. Seine Ermattungsstrategie engte Hannibals Spielraum immer weiter ein und führte schließlich 212 zum Rückgewinn von Syrakus (siehe Kasten).

Stern am spanischen Himmel

Im Jahr darauf aber ein erneuter Schock für Rom: Während starke Kräfte durch die Belage-rung des abtrünnigen Capua gebunden waren, setzte Hannibal nun doch zum direkten Stoß gegen Rom an. Der Schreckensruf ging um: „Hannibal ante portas! - Hannibal vor

 

den Toren!" Doch es blieb beim Schreck, denn Capua fiel, so dass die Punier im Rücken be-droht waren. Die Kriegsentscheidung nahte aus Spanien - so oder so: Hier ging der Stern des erst 27-jährigen Publius Cornelius Scipio (um 235-183) auf, der Carthago Nova 209 eroberte. Und von hier stieß ein punisches Ersatzheer unter Hannibals Bruder Hasdrubal nach Italien vor. Die Zeit der Überraschungen aber war vorüber. Am Metaurus, einem Adria-Zufluss südlich von Ariminum (Rimini), vernichteten die Römer 207 die Eindringlinge und damit alle Hoffnungen Hannibals, der sich in die Südostecke Italiens zurückzog.

Scipio hatte inzwischen die Karthager 206 aus Spanien vertrieben und tauchte in Rom auf.

Archimedes

Ein alter Mann machte den Römern bei der Belagerung von Syrokus 214-212 mehr zu schaffen als die restlichen Verteidiger zusammen: Der griechische Mathematiker, Physiker und Erfinder Archimedes (um 285-212), der auf immer neue Ideen kam, den Belagerern zuzusetzen. Er entwickelte Hebevorrichtungen, mörderische Schleudern und die nach ihm benannte Schraube zur Wasserförderung, ja er soll sogar mit Hohlspiegeln römische Schiffe auf große Distanz abgefa-

 

Der mitreißende Mann konnte die Römer davon überzeugen, dass jetzt die Stunde der Offensive geschlagen habe. Gegen den Willen des „Zögerers" setzte er 204 mit einem Heer von Westsizilien nach Afrika über, gewann den Berberfürsten Massinissa als Verbündeten und besiegte ein karthagisches Heer. Hannibal musste zur Hilfe eilen. Es war aber nicht mehr der Triumphator, der kam, sondern der ge-scheiterte Eroberer mit einer abgekämpften Truppe. Sie unterlag Scipio 202 bei Zama; Kar-thago musste 201 in einen demütigenden Frie-den einwilligen. Die Großmachtsträume waren ausgeträumt; fortan stand es unter römischer Kuratel. Scipio durfte sich mit dem Ehrentitel Africanus schmücken.

ekelt haben. Obgleich das wohl in den Bereich der Legende gehört, nimmt es kaum Wunder, dass sie sich um diesen genialen Mann rankte. Mit seinen physikalischen (Hebelgesetze, Auftrieb) und mathematischen Erkenntnissen (Berechnung der Kreiszahl 1T (PLI sowie des Kugelinhalts und der Kugeloberfläche) war er seinen Zeitgenossen weit voraus. Bei der Erstürmung von Syrakus fiel er einem Legionär zum Opfer, den er vergeblich ermahnt hatte: „Noli turbare circulos meos! Störe meine Kreise nicht!"

 

>v Soziale Verwerfungen als Kriegsfolgen

             Wachsende Kluft zwischen Arm und Reich (3./2. Jh.)

 

Die jahrzehntelangen Waffengänge hatten Italien schwer in Mitleidenschaft gezogen. Vor allem die Kleinbauern (pauperculi), die das Hauptkontingent der Heere zu stellen hatten, standen nach langjähriger Abwesenheit vor dem Ruin. Ihre Höfe waren verwüstet, die Tiere auseinander gelaufen oder von marodierenden Banden weggeführt worden. Und wie sollten die kleinen Leute überhaupt wieder auf die Beine kommen, jetzt da Getreide im Über-fluss und preiswert aus den neuen Provinzen nach Rom geliefert wurde und da die massenhaft als Kriegsgefangene eingebrachten billigen Sklaven (siehe Kasten) ihnen sogar die Stellen als Tagelöhner wegnahmen. Den Häuslern blieb letztlich nur die Flucht in die Stadt.

 

Dort konnten sie sich mit kleinen Diensten, Zuteilungen des Staates und Wahlgeschenken der Politiker kärglich über Wasser halten. Auch viele Handwerker rutschten in dieses neue Proletariat ab, weil sie gegen die Preise der großen, mit Sklaven arbeitenden Manufakturen nicht aufkamen.

Mehr Profit durch Viehzucht

Gewinner waren die Großgrundbesitzer, die das frei werdende Land bestens brauchen konnten. Sie stellten als Reaktion auf wachsende Importe auf Plantagenwirtschaft nach karthagischem Muster und auf weiträumige Viehhaltung um, die mehr abwarf als der Ackerbau. Ihre Besitzungen waren selbst dann

 

meistens einigermaßen in Schuss geblieben, wenn sie selbst Kriegdienst hatten leisten müssen. Sie hatten Personal einsetzen und sich einen Verwalter (vilicus) leisten können. Jetzt brachten sie Sklaven mit, die sie auch beim Ausbeuten etwaiger Bodenschätze auf ihren Gütern einsetzen konnten. Diese Großagrarier verfügten über riesige Flächen, denn die ur-sprünglich gesetzlich verfügte maximal Zuteilung von 500 Morgen (iugera) Gemeindeland war inzwischen ganz in Vergessenheit geraten.

Neureicher Ritterstand

Auch viele Kaufleute gehörten zu den Gewinnern der kriegerischen Zeiten. Sie hatten klotzig verdient als Heereslieferanten, beim Handel mit Beutestücken, durch Übervorteilen von Besiegten. Und mit dem Erfolg einher ging ein steiler sozialer Aufstieg. Bald bildeten diese Neureichen, von der Oberschicht als Emporkömmlinge gemieden, vom Volk beneidet, einen eigenen Ritterstand (ordo equester), so bezeichnet, weil sie mindestens so wohlhabend waren wie die Mitbürger, die früher als Ritter die Kavallerie des Heeres gestellt hatten. Im Verlauf der weiteren römischen Expansion wuchsen ihre Vermögen, vor allem die der Steuerpächter in den neuen Provinzen und die der Geldverleiher, ins Ungemessene.

 

            Über Adria und Ägäis nach Asien

Ausschaltung möglicher Rivalen im Osten (1. Hälfte 2. Jh. v. Chr.)

           

 

 

Dass Rom im Ringen mit den Puniern beinahe untergegangen war, hatte auch mit den Make-donen im griechischen Norden zu tun. Deren König Philipp V. hatte die Schwäche der auch in Griechenland und auf dem Balkan einfluss-reichen Römer nach Cannae nutzen wollen und sich mit Karthago verbündet. Nur mit Mühe gelang es Rom, eine Intervention Make-doniens zu vereiteln, indem es interne griechische Streitigkeiten schürte. Nach dem Sieg über Hannibal 202 schmiedete der Senat daher sofort Pläne, nach Osten offensiv zu werden. Die Volksversammlung aber erteilte ihnen eine Absage, denn die Kriegsmüdigkeit war allgemein. Erst mit allerhand Wohltaten und aufgebauschten Meldungen brachten die Konsuln die Leute auf ihre Seite und konnten König Philipp im Jahr 200 den Krieg erklären.

Phalanx zu schwerfällig

Die Unterstützung der griechischen Städtebünde gewannen die Römer, indem sie sich als Befreier vom makedonischen Druck aufspielten. Bei Kynoskephalä in Thessalien schlugen sie denn auch 197 die Truppen Philipps V. und vernichteten endgültig den von Alexander dem Großen begründeten Nimbus der Make-donen. Ihre einst so gefürchtete geballte Phalanx hatte sich den beweglicheren römischen

 

Manipeln (zwei Zenturien von je etwa 80 Mann) gegenüber als veraltet erwiesen. Auf den lsthmischen Spielen im Jahr darauf wurden die Befreiung Griechenlands und die römischen Befreier gefeiert, die als Schutzmacht die Makedonen nur abgelöst hatten.

Seine neue Rolle konnte Rom bald gegenüber Antiochos von Syrien demonstrieren, dessen Reich von Persien bis an die Ägäis reichte und der Hannibal Gastfreundschaft gewährte. Als er gegen Griechenland aktiv wurde und auch Appetit auf Ägypten zu zeigen begann, griffen die Römer an, setzten über nach Kleinasien und schlugen bei Magnesia 190 das Heer des

 

Syrerkönigs. Unterstützt hatte sie der Herrscher von Pergamon, der sich so eng an Rom band, dass es sein Land später (133) durch Erbe gewann und daraus die Provinz Asia formte. Vorher aber musste nochmals gegen Makedo-nien mobil gemacht werden, das unter dem neuen König Perseus die Unzufriedenen der griechischen Halbinsel um sich geschart hatte. Der römischen Militärmacht aber waren sie nicht einmal gemeinsam gewachsen und mussten sich 168 in der Ebene bei der nordost-griechischen Hafenstadt Pydna geschlagen geben. Jetzt wandte sich Rom noch einmal gegen Karthago (siehe Kasten).

 

            Machtverschiebungen

Politik und Militär in Kriegszeiten (2. Jh. v. Chr.)

           

 

 

Den Oberbefehl über die römischen Heere erhielten normalerweise die beiden amtierenden Konsuln. Deren jährlicher Wechsel bewährte sich politisch, nicht aber militärisch. Und die nur sporadisch tagende Volksversammlung war von den strategischen und politischen Details ohnehin völlig überfordert. Diktatoren lösten das Problem schon deswegen nicht, weil ihre Amtszeit noch kürzer bemessen war. Ein ständig tagendes Staatsorgan hingegen war der Senat (siehe Kasten). In der Krisenzeit gewann er daher überragende Bedeutung, so dass die hohen und höchsten Beamten fast zu Befehlsempfängern herabsanken.

 

nur halbherzig ergriffen: So sollte ein Ge-schworenengericht aus Senatoren allzu ausbeuterisch agierende Provinzherrscher aburteilen. Das geschah allerdings nur in wenigen Fällen, konnten die Richter doch nie wissen, ob die Rollen nicht eines baldigen Tages vertauscht sein würden und sie sich selbst vor Kollegen wegen angeblicher oder tatsächlicher Misswirtschaft würden verantworten müssen. Die Maxime, nach der eine Krähe der anderen kein Auge aushackt, griff auch hier und unterminierte die moralischen Grundlagen der Adelsherrschaft.

Der Dauerkriegszustand, in dem sich Rom befand, beschädigte auch die Ämterrotation. Auf

 

die Kenntnisse des jeweiligen Befehlshabers über Feindlage und Operationsgelände konnte man nicht verzichten und verlängerte daher ein um das andere Mal das Kommando. Das barg die Gefahr, dass sich die Macht des Feld-herrn verselbständigte und er zu einer so populären Größe wurde, dass er den Senat hätte überspielen können. Noch aber wurde selbst ein so strahlender Held wie Scipio Africanus nach Ende der punischen Kriege von einem Cato erbittert bekämpft. Der Sieger von Zama zog sich schließlich auf sein Landgut in Kam-panien zurück, wo er 183 starb, im selben Jahr, in dem sein großer Gegner Hannibal auf der Flucht vor den Römern den Freitod wählte.

 

Entartung der Adelsherrschaft

Die späteren Erfolge schienen der damit vorgezeichneten Entwicklung hin zu einer adligen Herrschaft der Wenigen (Oligarchie) Recht zu geben. Die ersten Niederlagen gegen Hannibal wurden den plebejischen Konsuln angelastet, die nach Ansicht der Patrizier vom Waffenhandwerk zu wenig verstanden, das müsse man im (adligen) Blut haben. Die Senatsherrschaft führte aber auch zu Entartungen, vor allem in den Provinzen, wo die adligen Statt-halter weit weg vom römischen Schuss die rechtlose Bevölkerung drangsalierten und sich bereicherten. Maßnahmen dagegen wurden

 

            Explodierende Vermögen

Weltmacht als Geldmaut (2. Ji. v. Chr.)

           

 

 

Verglichen mit Handelsmetropolen wie Karthago oder Kulturzentren wie Athen oder Alexandria in Ägypten war Rom bis zu den punischen Kriegen eine vergleichsweise bescheidene Landstadt. Weder baulich noch vom privaten Lebensstil her konnte es mit der ge-nannten Konkurrenz mithalten. Erst nach dem Sieg über Hannibal und der erfolgreichen Expansion nach Osten änderte sich das ziemlich schlagartig: In nur wenigen Jahrzehnten saugte die Hauptstadt der neuen Weltmacht die Kapitalströme förmlich an, die gespeist wurden aus enormen Kriegsentschädigungen, die den Besiegten auferlegt wurden, aus dem Ver-kauf der Kriegsgefangenen in die Sklaverei, aus reichen Beutezügen, aus der Beschlagnah-

 

me von Wertsachen, aus dem aufblühenden Fernhandel und nicht zuletzt aus der Besteuerung der neu gewonnenen Provinzen.

Vieles davon floss in die Taschen privater Unternehmer, denn Rom handelte nach dem Prinzip der Versteigerung öffentlicher Aufträge, ja sogar hoheitlicher Befugnisse wie das Steuereintreiben. Auf diese Weise kam der Staat rasch zu ansehnlichen Summen durch den Wettbewerb möglicher Investoren, musste seinen Verwaltungsapparat nicht unnötig aufblähen und überließ das Risiko den Käufern (publicani). Deren explodierende Vermögen freilich belegten, dass der Staat auf viel Geld verzichtete und obendrein Ausbeutungsmethoden förderte, die zu sozialen Unruhen und

 

Aufständen führen konnten. In Rom selbst blieb es dagegen lange weitgehend ruhig trotz der üppigen Prunkentfaltung der Neureichen. Zum einen erlaubte der staatliche Wohlstand die weitgehende Befreiung der kleinen Leute von Abgaben und die Sicherung ihrer Grundversorgung. Zum anderen genossen die Stadtrömer das bunte Treiben der Millionäre und Prominenten. Von der Reichen Tische fiel zudem immer ein wenig ab fürs Volk.

Ohne Unrechtsbewusstsein
Dass der ausufernde Luxus, oft verbunden mit Ausschweifungen erotischer Art, eine Gefahr für die öffentliche Moral darstellte, blieb nicht unbemerkt. Mit allerlei Verordnungen und Gesetzen (leges sumptuariae) versuchten Senat und Volksversammlung Wildwuchs einzudäm-men und etwa den Aufwand für Gastmähler zu begrenzen. Der Erfolg hielt sich in engen Grenzen, denn wo viel Geld, da auch viel Einfluss, und unbestechliche Kontrolleure waren immer schon dünn gesät. Außerdem fehlte es an Unrechtsbewusstsein bei der Anhäufung der Reichtümer. Hier wirkte nicht zuletzt der Einfluss des hellenistischen Ostens, wo die römischen Statthalter (Prokonsuln) und ihre

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