Warum werden Reiche
immer reicher Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/pntkkXxqAjc
In vielen Ländern wächst der Abstand zwischen
Arm und Reich.. Und die Superstars sahnen besonders kräftig ab.
is passiert nicht oft, dass ein Trend sich
überall auf der Welt so gleichmäßig niederschlägt
wie der zur wachsenden
Ein-
kommensungleichheit.
Die Einkommen von Reichen und Armen laufen auseinan-.der, die hohen Einkommen
wachsen schneller als die niedrigen, und zwar seit den achtziger Jahren, in den
meisten Län-.dern der Erde. Nicht überall ist die Ent-.wicklung gleich
deutlich. In Frankreich begann sie erst in den neunziger Jahren, Deutschland
wiederum hat den Trend seit den Hartz-Reformen des Jahres 2005 gebrochen. Aber
es lässt sich kaum über-.sehen, dass sich in den vergangenen Jah-.ren ein
weltweiter Trend gebildet hat.
Ist das schlimm? Und
wenn ja, kann man etwas dagegen tun? Diese Fragen sind hochgradig umstritten,
und' das liegt auch daran, dass noch niemand vollstän-.dig verstanden hat,
woher der Trend kommt. Doch auf der Suche nach den Gründen sind die
Wirtschaftsforscher in-.zwischen einen großen Schritt weiterge-.kommen.
Auf die Suche gemacht
hat sich auch Frafflis Bourguignon. Er war früher Chefökonom der Weltbank, die
sich be-.sonders um die Entwicklung in armen Staaten kümmert. Er hat die
Ungleich-.heit auf der ganzen Welt angeguckt und stellt fest: Zwar wächst der
Unterschied zwischen Arm und Reich in vielen Län-.dern der Welt, trotzdem
schrumpft der Unterschied zwischen Arm und Reich auf der Welt. Dieser Satz
klingt erst ein bisschen absurd, aber er ist der Schlüssel zum wichtigsten
Grund für den Trend zur Ungleichheit.
Es stellt sich heraus: Ungleichheit ist eine
Frage der Betrachtung. Innerhalb der Staaten wächst der Unterschied zwi-.schen
Arm und Reich. Zwischen den Staaten schrumpft der Unterschied aber: Viele arme
Länder haben in den vergan-
In vielen Ländern wächst der Abstand zwischen
Arm und Reich.. Und die Superstars sahnen besonders kräftig ab.
Von Patrick Bernau
genen Jahren gegenüber
den Industrie-staaten aufgeholt. China ist nur ein Bei-spiel: Mag das Land
gerade in der Krise stecken, der Wohlstand ist trotzdem viel größer als vor 3o
Jahren. In Summe ist die Ungleichheit nicht gewachsen. Be-.trachtet man alle
Weltbürger auf einmal, dann schrumpft der Unterschied zwi-.schen den Einkommen
von Arm und Reich schon seit 1000.
Die Folgerung ist
einfach: Die Welt ist zusammengewachsen. Ländergrenzen werden durchlässiger,
entsprechend kön-.nen Menschen in Schwellenländern Ar-.beit übernehmen, die .früher
in Industrie-.ländern gemacht worden wäre. All das bringt der Welt einen
enormen Wohl-.standsgewinn. Aber dieser Gewinn wird nicht entlang der
Ländergrenzen ver-.teilt. In reichen Ländern profitieren die gut ausgebildeten
Leute überproportio-.nal, also steigen ihre Einkommen schnel-.ler. Die
schlechter ausgebildeten wieder-.um konkurrieren mit den
ehemals ar-.men Menschen aus den Schwellenlän-.dern, die jetzt mehr Geld
verdienen. Und die.se setzen sich wiederum
von den Leuten in den Schwellenländern ab, die von der Globalisierung nicht
profitieren.
Welche Ungleichheit ist
wichtiger: die innerhalb der Staaten oder die allgemei-ne auf der ganzen Welt?
Bourguignon ar-.gumentiert: Beide sind wichtig. Die Un-.gleichheit auf der Welt
ist wichtig dafür, dass es der Menschheit bessergeht und lenschen aus bitterer
Armut kommen. aber der gesellschaftliche Zusammen-.-iah bildet sich eher
innerhalb eines Lan-ies als auf der ganzen Welt. Und: Ge-wählt wird immer noch
innerhalb der ein-.zelnen Länder.
Doch es gibt ein
Ungleichheitsphäno-men, das sich so noch nicht erklären ässt. In vielen reichen
Ländern steigen lie Einkommen sehr reicher Menschen esonders schnell: die des
obersten Pro-zents. Und innerhalb des obersten Pro-zents steigen wieder die
Einkommen des obersten Prozents viel schneller als alle inderen.
Das nennt Bourguignon
den „Super-star-Effekt". Globalisierung und Technik machen es den besten
Leuten einer Zunft leichter, überall auf der Welt Geld zu verdienen.
Erfolgreiche Bands touren
m die ganze Welt. Sie
müssen sich :licht länger auf Europa und Amerika beschränken, sie fmden auch
in China und
n Südamerika ein
zahlungskräftiges Pu-blikum. Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling verdient
ruieJ 30o Millionen Dollar im Jahr, weil Übersetzungen und Filmrechte viel mehr
Geld bringen, als Autoren früher erwarten konnten. Dafür musste sie sich beim
Schreiben nicht zu-.sätzlich anstrengen.
Ähnlich ist es mit
Topmanagern und Unternehmern. Hochspezialisierte
Juris-.ten und Banker
können auf der ganzen Welt Geld verdienen. Wenn die Nachfra-.ge nach ihren
Diensten hoch ist, können sie ihre Gebühren und. ihre Gehälter er-.höhen. Dann
kann der Chef ja nicht weni-. ger verdienen als die Stars im Unterneh-.men.
Doch auch für den Chef gilt, dass seine Entscheidungen wertvoller werden. Die
Unternehmen wachsen, sie haben Fabriken und verkaufen ihre Produkte auf der
ganzen Welt. Entsprechend hängt an den Entscheidungen viel mehr Geld als
früher. Kein Wunder, dass es den Auf-.
sichtsräten da in den
Gehaltsverhandlun-.gen nicht unbedingt auf Euro und Cent ankommt, wenn sie
glauben, den Richti-.gen für die Stelle gefunden zu haben.
Diese theoretischen
Überlegungen zum „Superstar"-Effekt, die Bourgui-gnon in seinem Buch
wiedergibt, sind fast gleichzeitig überprüft worden. Ein Forscherteam aus
Frankreich und den Vereinigten Staaten hat mehrere ökono-.mische Modelle darauf
getestet, ob sie zur tatsächlichen Entwicklung der Un-.gleichheit passen. Die
Modelle, die die Unterschiede zwischen Arm und Reich am besten erklären
konnten, waren die „Superstar"-Modelle.
Und was ist mit der
Technik? Haben nicht auch Computer die Arbeit von vie-.len schlecht
ausgebildeten Menschen er-.setzt und so den Armen zusätzliche Schwierigkeiten
gemacht? So einfach ist die Sache nicht. Ersten sind neue Stellen entstanden.
Und zweitens gefährdet die Technik längst auch schon Berufe aus der
Mittelschicht, sogar aus der Ober-.schicht. Inzwischen geht es vor allem dar-.um, ob
ein Mensch viel mit leicht auto-matisierbarer Routine beschäftigt ist -und
solche Stellen gibt es in allen Einkommensschichten.
oder ihre Chancen besonders gut nut¬zen.
SAP-Mitarbeiter verdienen ziemlich gut, und Mark Zuckerberg ist dank der
Gründung von Facebook zum Milliardär geworden. Es wird ganz deutlich: Die
Technik-Superstars sind wahrscheinlich auch noch in ein paar Jahren gut dabei.
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