Anpassung von Mehrstärken-Kontaktlinsen
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/Af0UtW7LljE
Dass die demographische Verteilung in unserer Gesell-
schaft mittlerweile keiner Pyramide mehr gleicht, son-
dern eher einem Pilz, ist inzwischen hinreichend be¬kannt.
Für Augenoptiker ist das sicher auch spürbar, sowohl bei Brillen als auch bei
Kontaktlinsen. Die Glas- und Kontakt-linsenindustrie forscht ständig weiter, um
den Fehlsichtigen ein möglichst bequemes Sehen in allen Entfernungen zu
er¬möglichen. Umfangreiche Kenntnisse auf diesem Gebiet sind gefordert und
Schulungen sowie Seminare zu diesem Thema sind gefragter denn je. Besonders im
Kontaktlinsensegment ist eine hohe System- und Produktkenntnis wichtig, um dem
Endverwender eine realistische und erwartungsgemäße Ver¬sorgung bieten zu
können. Viele Anpasser hegen den Wunsch, weniger probieren zu müssen und
stattdessen zielgerichteter, effektiver und effizienter anpassen zu können.
Einem presbyopen Auge fehlt es nicht allein an
Akkommo-dationsvermögen. Hinzu kommen altersbedingte struktu¬relle
Veränderungen rund um das Auge, wie z.B. Katarakt oder Rindentrübung und
dadurch unter anderem ein ver¬mindertes Kontrastsehen und eine höhere
Lichtstreuung. Auch Zellverluste in der Reizverarbeitung und -weiterlei-tung,
eine veränderte Qualität und Quantität des Tränen¬films und viele weitere
Faktoren können gemeinsam mit der Presbyopie auftreten.
Diese äußeren Umstände können den Anpassprozess
er-:ü'.veren. Daher ist es wichtig, im Vorfeld einen realistischen -=-plan
aufzustellen. Die VVahrscheinlichkeit für einen Miss-der Anpassung steigt
deutlich an, wenn der Kunde sehr :a-z.J1dig ist.
Wenn man über die verschiedenen Möglichkeiten der
Ver¬sorgung mit Mehrstärkenkontaktlinsen spricht, muss der Vollständigkeit
halber auch die Monovision (MV) erwähnt werden. Hier wird mit Einstärkenlinsen
gearbeitet und ein Auge für die Ferne (in der Regel das Führungsauge) und das
Partnerauge für die Nähe eingestellt. Auf dem amerikani¬schen Markt ist diese
Versorgung sehr stark verbreitet, EtWa 70% der Presbyopieversorgung laufen dort
mit MV
Auf dem deutschen Markt ist die Methode nicht so stark
ver¬treten, zudem ist sie auch umstritten. Nicht jeder Anpasser kann den
Eingriff in das Binokularsehen mit gutem Gefüh• vollziehen. Dennoch wird diese
Methode in Diskussionsr_ - - den immer wieder thematisiert und es gibt
Anpasser, nie darauf schwören und auch entsprechende Erfolge vorweisen können.
Innerhalb der MV gibt es verschiedene Vorgehensweisen: Es
besteht die Möglichkeit MV bis zu einem maximalen Additionsbedarf von +1,0dpt
bis +1,5dpt anzupassen, sozu¬sagen als Einsteigerversorgung. Bei höheren
Additionen wird dann auf eine Mehrstärkenlinse gewechselt.
Manche Anpasser geben auch bei steigendem Additionsbe¬darf
die volle Addition als MV, bis zu +2,5dpt. Einige arbeiten mit einer
zusätzlichen dritten Linse, die als Fernlinse für be¬sondere Sehaufgaben wie
z.B. Autofahren verwendet wird. Andere verkaufen eine Zusatzbrille für die
notwendige Voll-korrektion in der Ferne beim Autofahren.
Die Möglichkeiten sind vielfältig. Jedoch lässt sich
zusam¬menfassend sagen, dass auch die verführerisch einfach an¬mutende MV keine
Standardlösung für jeden Anpasser und schon gar nicht für jeden Linsenträger
darstellt.
SCHWERPUNKT -,ONTAKTLINSE+PFLEGE
Abb 1: schematische Darstellung der Abbildung für die Ferne
durch eine bifokale, konzentrische, simultan abbildende Kontaktlinse mit
zen-tralem Nahteil .Zeichnung: Prof. Heinz Diepes)
Abb. 2: schematische Darstellung der Abbildung für die Nähe
durch eine bifokale, konzentrische, simultan abbildende Kontaktlinse mit
zen-tralem Nahteil (Zeichnung: Prof. Heinz Diepes)
Abbildung auf der Netzhaut bei. Die meisten
Mehrstärke--Kontaktlinsen funktionieren nach diesem Prinzip.
In Abbildung 1 ist schematisch ein Auge in Ferneinstellur
mit einer bifokalen konzentrischen Kontaktlinse (Nahtei -¬Zentrum, Fernteil in
der Peripherie) und die durch diese _ resultierende Abbildung dargestellt.
Durch das peric^.=_--e Fernteil der Kontaktlinse findet die volle
Fernkorrektion Die Lichtstrahlen sammeln sich auf der Netzhaut ar de-des
schärfsten Sehens. Durch das zentrale Nahteil kor-r---zusätzlich Lichtstrahlen
im Auge an. Diese treffen sicl -¬Augeninneren aufgrund der höheren Pluswirkung
vor c: Netzhaut. Somit entsteht auf der
Netzhaut eine Zers:-e_.-ungsfigur, welche das scharfe Fernbild überlagert. D
es+ Bildüberlagerung hat eine Kontrastminderung zur Fc
In Abbildung 2 ist derselbe Fall bei Naheinstellunc .
stellt. Durch das zentrale Nahteil sammeln sich die Lic.-7s:
-
len im Auge auf der Netzhaut. Für die Nähe liegt V:: - _
tion vor. Durch das periphere Fernteil kommen
Lichtstrahlen im Auge an. Diese treffen sich -
Netzhaut und erzeugen dementsprechend
eine das scharfe Nahbild umlagernde Ze-s7-e_
raus folgt wiederum eine Minderung des -
Wie stark der Kontrast gemindert wird - = _
von ab, in welchem Flächenverhältni __• -
der Pupille angeordnet sind (der Idearfa:
deren spielt es eine Rolle, wie
Kontrastveränderung reagiert. Die Gro
El) Dr. Berke, Andreas: DOZ 11-2007 _2-27, ' -
[21 Rehnert, Mario: Masterthese
von weichen Multifokalkontaktlinsen nac- _
GLEITSICHT-
Oszillation spielen hierbei natürlich eine Rolle, jedoch
sind explizite Messungen dieser Parameter nicht unbedingt sinn¬voll. Die
Reproduzierbarkeit dieser Messungen ist fraglich. Es gibt keine genormte
Messmethode und letzten Endes hat die Praxis gezeigt, dass es keinen
statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der gemessenen Pupillengröße
und der Größe des Nahteils gibt, das erfolgreich in einer Mehrstärkenkontaktlinse
getragen wird [21.
Im Rahmen einer Diplomarbeit in der Hecht Contactlinsen GmbH
im Jahre 2000 wurde ein Gerät entwickelt, in dem die Abbildungsverhältnisse
durch simultane Mehrstärken-kontaktlinsen dargestellt werden können. Es kann
eine Abbildungssimulation im geometrisch-optischen Sinne erstellt werden.
Abbildung 3 zeigt ein entsprechendes Bild durch eine
bifokale, konzentrische, simultan abbildende Kontaktlinse bei Nahakkomodation.
Der reduzierte Kontrast ist deutlich an den Schatten erkennbar, die die
Optotypen überlagern. Der Linsenträger wird dieses Bild vielleicht als unscharf
be¬zeichnen. In Wahrheit ist das Bild jedoch nicht unscharf (Voraussetzung:
Vollkorrektion), es ist im Kontrast reduziert. Dies kann bedeuten, der
Linsenträger erzielt mit simultan abbildenden Linsen einen schlechteren Visus
als mit Einstär-kenlinsen.
Eine entscheidende Rolle für Erfolg oder Misserfolg einer
An-passung von Mehrstärkenkontaktlinsen spielt die Tatsache, wie sich das
Kontrastsehen mit Mehrstärkenlinsen verändert. Je schlechter das Kontrastsehen
mit Mehrstärkenlinsen im Vergleich zu monofokalen Linsen oder Brille ist, desto
geringer ist auch die Akzeptanz der Mehrstärkenlinsen. Leider gibt je¬doch der
Kontrastschwellwert (= geringster wahrnehmbarer physiologischer Kontrast), den
man ohne Linseneinfluss mes¬sen kann, keinen Anhaltspunkt dafür, ob eine
Mehrstärkenan-passung erfolgreich oder erfolglos sein wird [21. Daher bleibt
dem Anpasser und dem Linsenträger nichts anderes übrig, als die Kontaktlinsen
zu „probieren" und teilweise auch verschie¬dene Systeme miteinander zu
vergleichen.
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