Sonntag, 23. August 2015

Die Sex-Lustpille für Frauen


Die Sex-Lustpille für Frauen

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/DDo7xFoRjTA

Amerika gibt erstmals grünes Licht für

eine Pille, die das sexuelle Begehren

von Frauen steigern soll. Was kommt da

auf sie zu?

Der "Sweetest Day" fällt in diesem Jahr auf den 17. Ok¬tober. In einigen amerikani¬schen Bundesstaaten be¬glückt man sich an diesem Tag traditionell mit Bonbons. Dass man dann erstmals auch „Addyi" bekommen kann, besser bekannt als "Pink Viagra" für die Frau, weiß inzwischen die ganze Welt. Vergangene Woche wurde die Zu-lassung für das Medikament in den Verei¬nigten Staaten erteilt. Der Hersteller zeigt sich natürlich hocherfreut, und nutzt das ungewöhnliche Handelsdatum - einen Samstag - zu Marketing-Zwe¬cken. An einem mit Herzchen inszenier¬ten Feiertag, den einst Süßwarenhändler ins Leben riefen, kommen nun rosa Lie-bespillen auf den Markt, die alles andere als aus Zucker sind. Jede einzelne Ta¬blette enthält wo Milligramm des Wirk¬stoffs Flibanserin. Einmal täglich einge¬nommen, soll er Frauen zu mehr Lust und sexueller Befriedigung verhelfen. Zu¬mindest mehr, als es ein Placebo vermag.

Statt Blumen und Pralinen zu besor-gen, werden amerikanische Ehemänner im Oktober aber wohl kaum die Apothe¬ken stürmen. Die neuartige Pille, für die bisher weder in Deutschland noch bei der europäischen Behörde EMA eine Zu¬lassung beantragt wurde, gibt es nur auf Rezept. Frauen die ihr sexuelles Begeh-ren stark vermr sen und nach medizini-scher Definitioe unter „hypoactive sexu¬al desire disorder" leiden, können es vom Arzt verschrieben bekommen. Aber nur dann, wenn nicht psychische oder medizi¬nische Probleme oder eine bestimmte Medikation für ihre Lustlosigkeit verant¬wortlich sind. Und stets vorausgesetzt, dass mit der Partnerschaft alles in bester Ordnung ist.

Wie sehr . die Qualität der Beziehung neben anderen äußeren Umständen wie beruflichem Stress das Liebesleben be¬einflusst, zeigen Studien immer wieder. Kritische Stimmen warnen nun davor, dass im Schlafzimmer schon bald ein ho¬her Leistungsdruck entstehen könnte. Darüber hinaus drängt sich die Frage auf, ob es nicht in Wahrheit darum geht, gesunde Frauen zu Patientinnen zu ma-'chen. Weil die weibliche Sexualität ¬samt möglichen Schwierigkeiten - über Jahrtausende einem männlichen Raster unterworfen wurde und sich nur lang¬sam von den traditionellen Fesseln be¬freit, wittern Manche Feministinnen den Ausverkauf an die Pharmaindustrie. Aber auch das Gegenargument wird laut: Man habe die Frauen in Medizin und Forschung zu lange vernachlässigt, es sei endlich an der Zeit, den weiblichen Be-dürfnissen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

 

Davon täglich eine.

Bringt im Schnitt einen Sexualakt mehr pro Monat ¬inklusive Nebenwirkungen.

Foto dpa

 

weils ist, wird derzeit in den verschieder ten Fachdisziplinen untersucht (sie - Sonntagszeitung vom 26. Juli). Anatom Physiologie, Psychologie und sozi, Komponenten spielen eine Rolle. Seil im Erbgut lassen sich die individuell, Unterschiede aufspüren: Da Hormo: sowie Botenstoffe bei der sexuellen Err, gung eine Schlüsselfunktion einnehme: kann die Feinstruktur der entsprecher den Rezeptoren über ihre Wirkungswe se entscheiden. Letztlich sind es Molekr le auf der Oberfläche von Hirnzeller

 

die über Lust, Erregung und Sexualver-halten bestimmen. Während Dopamir, zum Beispiel die Lust steigert, erweist sich der Botenstoff Serotonin dabei als Spielverderber und hemmt unter ande-rem den Orgasmus. Dieses Wechselspiel von stimulierenden und hemmenden Fak¬toren kann tatsächlich aus dem Gleichge¬wicht geraten. Also liegt die Idee nahe. nach einem Stoff zu suchen, der im zen¬tralen Nervensystem ansetzt.

Vor zwanzig Jahren erkundeten For-scher von Boehringer Ingelheim an-Standort Mailand in ersten Tierexperi-menten, auf welche Weise die Substaund Serotonin reguliert. Aus BINITI7 wurde Flibanserin, das ursprünglich ge-gen Depressionen eingesetzt werden soll¬te, aber in dieser Rolle nicht überzeugen konnte. Stattdessen beschrieben weibli¬che Versuchspersonen eine verstärkte Li¬bido, wenn sie über Nebenwirkungen sprachen. In Studien mit blumigen Na¬men wie Daisy, Begonia, $nnflower und Violet wurde Flibanserir4 inzwischen an Tausenden von Probareümen getestet, teilweise über ein Jahr hinweg. Im Durch¬schnitt erhöhte sich ihr Liebesglück um einen Sexualakt pro Monat.

Ein erster Antrag von Boehringer. In-gelheim, den Wirkstoff mit der Summen¬formel C2oH2IF3N.0 als Mittel zur Stei¬gerung weiblicher Lust zuzulassen, schei¬terte zwo. Sprout Pharmaceuticals, eine kleine Firma mit Sitz im amerikanischen Raleigh, übernahm die Aufgabe, Flibanse-rin auf den Markt zu bringen. 2013 ging das ein zweites Mal schief, beim dritten Versuch ließ sich die amerikanische Zulas-sungsbehörde FDA jetzt überzeugen. Un¬ter Einsatz von zweihundert Pharmarefe-renten will Sprout das Medikament nun Gynäkologen und Psychiatern näherbrin-gen. Dass die Firma künftig zum interna¬tional agierenden Valeant-Konzern ge¬hört, der dafür rund eine Milliarde Dol¬lar auf den Tisch legt und mit Addyi den Weltmarkt erobern will, ging in der allge¬meinen Aufregung beinahe unter.

In Anbetracht der Erfolge von Viagra und ähnlichen Präparaten für Männer, die seit 1998 auf den Markt drängten, er¬öffnet sich mit dem Krankheitsbild der „weiblichen sexuellen Fehlfunktion", der „Female Sexual Dvsfunction". kurz FSD,

 

ein neues, lukratives Geschäftsfeld. Falls sich die fehlende Lust, Orgasmusproble-me und Schmerzen beim Geschlechtsver¬kehr wirklich , behandeln lassen, wäre Frauen, die darunter leiden, in der Tat ge¬hoffen. In manchen Umfragen gibt jede zweite Frau an, mehr oder weniger häufig - betroffen zu sein. Gerade jüngere Frauen wollen es nicht einfach hinnehmen, wenn sich etwa ungewollt Lustlosigkeit ein¬stellt. Eine „hypoactive sexual desire disor-der" kann das Selbstwertgefühl herabset¬zen, viele Frauen fühlen sich dann weni¬ger weiblich, unsicher und frustriert. Ver-suche, moderne Aphrodisiaka zu finden, werden deshalb viele unternommen. Der Viagra-Wirkstoff Sildenafil, der über eine Muskelentspannung die Durchblutung der Genitalien fördert, nicht aber die Li¬bido, zählt bereits zum Repertoire. Er zeigte in Studien mit weiblichen Teilneh¬mern zwar nicht die erhofften Ergebnis¬se, trotzdem wird der Ansatz weiterver¬folgt. Hormontherapien mit Östrogen, Testosteron und anderen Androgenen werden ebenfalls ausprobiert, insbesonde¬re nach den Wechseljahren, und es wer¬den mehrere Präparate entwickelt, die wie Addyi im Gehirn wirken.

Einstweilen bleibt es bei der Therapie mit Addyi. Davon müsste eine Frau jeden Abend eine Tablette schlucken, die sich nicht mit Alkohol und einigen Medika¬menten verträgt, womöglich ihren Blut¬druck senkt, zu Schläfrigkeit, Schwindel und Erschöpfung führt. Ihre Leber sollte gesund sein; selbst Grapefruitsaft stört ¬die Liste mit Sicherheitshinweisen ist lang. Wer all das bewusst auf sich neh-men möchte, um seine sexuelle Not zu

lindern

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