Mittwoch, 5. August 2015

Das Erdbeben in Nepal


Das Erdbeben in Nepal

Author D.Selzer-McKenzie

Video: http://youtu.be/rR7MsizUyoQ

Das Erdbeben in Nepal erschütterte die Welt. Die Naturkatastrophe im Himalayastaat erzeugte eine großartige Welle von Spenden und Hilfsaktionen. Nun muss die Hilfe weitergehen, damit die Menschen wieder eine Perspektive bekommen.

 

Ungefähr 8600 Tote, über eine Million Obdach-lose, ganze Täler abgeschnitten, Weltkultur-denkmäler in Trümmern — die Nachrichten und Bilder aus Nepal entsetzten Menschen in aller Welt. Ab 25. April warfen ein Erdstoß der Rich¬ter-Stärke 7,8 und folgende Nachbeben das Traumland vieler Trekker und Bergsteiger um

Jahre zurück. Nepal belegt Rang 16 der ärmsten Länder, 40 Prozent der 26 Millionen Einwohner leben unter der Armutsgrenze, das Durch-schnittseinkommen liegt bei 50 Euro pro Monat. Die aus Steinen und Lehm-Mörtel gebauten ein-fachen Häuser fielen in sich zusammen, ganze

 

Ortschaften wurden zu Trümmerfeldern, heftige Regenfälle lösten Erdrutsche und Lawinen aus. Und das ausgerechnet jetzt, als Nepal „nach zwei Jahrzehnten Konflikt und Chaos kurz vor politischer Normalisierung und wirtschaftlicher Wiederbelebung stand", wie der einheimische Journalist Kanak Mani Dixit schrieb.

Auch Bergsteiger waren betroffen. 18 Men¬schen starben allein im Basislager an der Eve¬rest-Südseite in einer Lawine, China und Nepal sperrten den Berg für die Saison. Ausgebremst wurden starke deutsche Expeditionisten wie Alix von Meile, Luis Stitzinger, David Göttler oder

 

Ralf Dujmovits. Doch viele der Sportler wurden auch aktiv und versuchten, vor Ort den Men-schen zu helfen, die sie bei vielen Besuchen als Freunde zu schätzen gelernt hatten. Bergstei¬ger wie Don Bowie (USA), Adrian Heyes (GBR), Jost Kobusch (GER) und Johann Ernst Nilson (SWE) erkundeten und dokumentierten Schä¬den; informierten Hilfsorganisationen, wo wel¬che Hilfe gebraucht wurde; warben mit Texten, Filmen und Bildern im Internet für Spenden, die sie vor Ort direkt für Lebensmittel, Schutzpla¬nen oder Wiederaufbau investierten. Ein Video von Kobusch zeigt eine Mutter, sie haust seit drei Wochen unter einer Plastikplane und er¬zählt: „Meine Kinder sind bei mir, deshalb ist das für mich das Paradies'

Auch Ralf Dujmovits besuchte mit einem Ärzte¬team der Nepalhilfe Beilngries die besonders stark betroffene Region Sindhubalchowk und schrieb: „... einer der erschütterndsten Tage, die ich erlebt habe ... 85 bis 95 Prozent der Häuser sind zerstört': Bei der Schule in Thulosirubari, die er 2009 mit Gerlinde Kaltenbrunner finanziert hatte, war das untere Stockwerk zusammenge¬brochen, die oberen Stockwerke sind nach unten gesackt. „Nepal wird auf Jahre Unterstützung brauchen", ist sein Fazit.

Bergfreunde helfen ihrem Traumland

Diese Unterstützung floss sofort und reichlich, denn viele Bergfreunde haben Nepals großarti¬ge Natur und seine herzlichen Bewohner ken¬nen und lieben gelernt. Der Innsbrucker Autor Rudi Mayr sammelte durch Aushänge in der Stadt 60.000 Euro und flog mit Hilfsgütern und Medikamenten nach Kathmandu. Die vier Ver¬bund-Kletterhallen in München spendeten am ersten Maiwochenende einen Euro für jeden Be¬sucher an die Nepalhilfe Beilngries: 5086 Euro kamen zusammen. Die DAV-Sektionen München und Oberland spendeten 50.000 Euro, und auch der DAV-Bundesverband brachte die gleiche Summe einDer Nepali Narayan Adhikari, der seit 2001 mit dem Ökumenischen Eine-Welt-Kreis St. Niko¬laus Wolbeck 1000 Biogasanlagen und mehrere Schulzentren errichtet hat, trieb weit über 100.000 Euro Spenden auf und verteilte im Dis¬trikt Kavre zusammen mit dem Militär 3300 Pla¬nen, die allen 50.000 Einwohnern Schütz vor dem Monsunregen boten. Sein nächstes Projekt ist, die Schulen wieder zum Laufen zu bringen — 15 x 100 m-Planen, an Bambusgerüsten auf¬gehängt, ermöglichen einen Übergangsbetrieb, bis die Häuser wieder aufgebaut sind. „Die große Gefahr ist, dass ganz viele Kinder nie mehr in die Schule gehen, wenn sie erst einmal ein Jahr oder länger aus der Schule raus sind", schreibt er.

Wer jetzt kommt, haft den Menschen

Soforthilfe ist das eine: Tote bergen, Verwundete medizinisch versorgen, Lebensmittel und wet-tergeschützte Notunterkünfte bereitstellen. Die¬ser Beistand kam aus aller Welt, unter anderem aus China, Indien, Deutschland,(THW, DRK, Cari¬tas ...) und von vielen kleinen Hilfsorganisatio¬nen. Die große Aufgabe beginnt aber nun, da andere Schreckensmeldungen das Leid in Nepal von den Titelseiten verdrängt haben. Jetzt ist Hil¬fe gefragt, die es den Menschen ermöglicht, wei-

 

Einige der Kulturdenkmäler sind zerstört, aber nicht alle. Nach Nothilfe mit Medizin, Essen und Wetterschutz geht der Wiederaufbau weiter — und Nepal wartet auf Touristen.

Eine große Chance für Nepal kann der Touris¬mus sein; schließlich besucher fast eitie Million Gäste jährlich das Land. Hagen Sommer, Ge-schäftsführer des DAV Summit Club, informier¬te sich im Mai direkt vor Ort über die Zustände und über mögliche langfristige Hilfsprojekte, die der DAV mit seinem" Spendenfondsunterstüt-zen könnte (s. Kasten). Sein Eindruck: Die Zer¬störung der Kulturdenkmäler ist bei Weitem nicht so flächendeckend wie zunächst befürch¬tet. Trekking im Annapurrand Everestgebiet wird in der Nachmonsunsaison gut möglich sein, auch der Großteil der Lodges ist kaum be¬schädigt. Nur das Langtang-Tal wird zunächst nicht bereisbar sein. „Neben der dringenden So¬forthilfe ist es vor allem Arbeit, die in Nepal ge¬braucht wird", schreibt Sommer, „die Arbeit im Tourismus, beim Trekking und in den Bergen ist für sehr viele Familien das Haupteinkommen': Bergsteiger wie Reinhold Messner, Peter Hillary oder Ralf Dujmovits sollen nun als „Goodwill Ambassadors" den Tourismus fördern.

Das Leben muss weitergehen, die Nepali pa¬cken es an. Nepal mit seinen mächtigen Bergen und liebenswerten Menschen ist immer noch eine Reise wert. Wer es jetzt besucht, hilft dem Land auch, langsam wieder unabhängig zu werden von den immer noch notwendigen

Spenden.

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