Das Erdbeben in Nepal
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/rR7MsizUyoQ
Das Erdbeben in Nepal erschütterte die Welt. Die
Naturkatastrophe im Himalayastaat erzeugte eine großartige Welle von Spenden
und Hilfsaktionen. Nun muss die Hilfe weitergehen, damit die Menschen wieder
eine Perspektive bekommen.
Ungefähr 8600 Tote, über eine Million Obdach-lose, ganze
Täler abgeschnitten, Weltkultur-denkmäler in Trümmern — die Nachrichten und
Bilder aus Nepal entsetzten Menschen in aller Welt. Ab 25. April warfen ein
Erdstoß der Rich¬ter-Stärke 7,8 und folgende Nachbeben das Traumland vieler
Trekker und Bergsteiger um
Jahre zurück. Nepal belegt Rang 16 der ärmsten Länder, 40
Prozent der 26 Millionen Einwohner leben unter der Armutsgrenze, das
Durch-schnittseinkommen liegt bei 50 Euro pro Monat. Die aus Steinen und
Lehm-Mörtel gebauten ein-fachen Häuser fielen in sich zusammen, ganze
Ortschaften wurden zu Trümmerfeldern, heftige Regenfälle
lösten Erdrutsche und Lawinen aus. Und das ausgerechnet jetzt, als Nepal „nach
zwei Jahrzehnten Konflikt und Chaos kurz vor politischer Normalisierung und
wirtschaftlicher Wiederbelebung stand", wie der einheimische Journalist
Kanak Mani Dixit schrieb.
Auch Bergsteiger waren betroffen. 18 Men¬schen starben
allein im Basislager an der Eve¬rest-Südseite in einer Lawine, China und Nepal
sperrten den Berg für die Saison. Ausgebremst wurden starke deutsche
Expeditionisten wie Alix von Meile, Luis Stitzinger, David Göttler oder
Ralf Dujmovits. Doch viele der Sportler wurden auch aktiv
und versuchten, vor Ort den Men-schen zu helfen, die sie bei vielen Besuchen
als Freunde zu schätzen gelernt hatten. Bergstei¬ger wie Don Bowie (USA),
Adrian Heyes (GBR), Jost Kobusch (GER) und Johann Ernst Nilson (SWE) erkundeten
und dokumentierten Schä¬den; informierten Hilfsorganisationen, wo wel¬che Hilfe
gebraucht wurde; warben mit Texten, Filmen und Bildern im Internet für Spenden,
die sie vor Ort direkt für Lebensmittel, Schutzpla¬nen oder Wiederaufbau
investierten. Ein Video von Kobusch zeigt eine Mutter, sie haust seit drei
Wochen unter einer Plastikplane und er¬zählt: „Meine Kinder sind bei mir,
deshalb ist das für mich das Paradies'
Auch Ralf Dujmovits besuchte mit einem Ärzte¬team der
Nepalhilfe Beilngries die besonders stark betroffene Region Sindhubalchowk und
schrieb: „... einer der erschütterndsten Tage, die ich erlebt habe ... 85 bis
95 Prozent der Häuser sind zerstört': Bei der Schule in Thulosirubari, die er
2009 mit Gerlinde Kaltenbrunner finanziert hatte, war das untere Stockwerk
zusammenge¬brochen, die oberen Stockwerke sind nach unten gesackt. „Nepal wird
auf Jahre Unterstützung brauchen", ist sein Fazit.
Bergfreunde helfen ihrem Traumland
Diese Unterstützung floss sofort und reichlich, denn viele
Bergfreunde haben Nepals großarti¬ge Natur und seine herzlichen Bewohner
ken¬nen und lieben gelernt. Der Innsbrucker Autor Rudi Mayr sammelte durch
Aushänge in der Stadt 60.000 Euro und flog mit Hilfsgütern und Medikamenten
nach Kathmandu. Die vier Ver¬bund-Kletterhallen in München spendeten am ersten
Maiwochenende einen Euro für jeden Be¬sucher an die Nepalhilfe Beilngries: 5086
Euro kamen zusammen. Die DAV-Sektionen München und Oberland spendeten 50.000
Euro, und auch der DAV-Bundesverband brachte die gleiche Summe einDer Nepali
Narayan Adhikari, der seit 2001 mit dem Ökumenischen Eine-Welt-Kreis St.
Niko¬laus Wolbeck 1000 Biogasanlagen und mehrere Schulzentren errichtet hat,
trieb weit über 100.000 Euro Spenden auf und verteilte im Dis¬trikt Kavre
zusammen mit dem Militär 3300 Pla¬nen, die allen 50.000 Einwohnern Schütz vor
dem Monsunregen boten. Sein nächstes Projekt ist, die Schulen wieder zum Laufen
zu bringen — 15 x 100 m-Planen, an Bambusgerüsten auf¬gehängt, ermöglichen
einen Übergangsbetrieb, bis die Häuser wieder aufgebaut sind. „Die große Gefahr
ist, dass ganz viele Kinder nie mehr in die Schule gehen, wenn sie erst einmal
ein Jahr oder länger aus der Schule raus sind", schreibt er.
Wer jetzt kommt, haft den Menschen
Soforthilfe ist das eine: Tote bergen, Verwundete
medizinisch versorgen, Lebensmittel und wet-tergeschützte Notunterkünfte
bereitstellen. Die¬ser Beistand kam aus aller Welt, unter anderem aus China,
Indien, Deutschland,(THW, DRK, Cari¬tas ...) und von vielen kleinen
Hilfsorganisatio¬nen. Die große Aufgabe beginnt aber nun, da andere
Schreckensmeldungen das Leid in Nepal von den Titelseiten verdrängt haben.
Jetzt ist Hil¬fe gefragt, die es den Menschen ermöglicht, wei-
Einige der Kulturdenkmäler sind zerstört, aber nicht alle.
Nach Nothilfe mit Medizin, Essen und Wetterschutz geht der Wiederaufbau weiter
— und Nepal wartet auf Touristen.
Eine große Chance für Nepal kann der Touris¬mus sein;
schließlich besucher fast eitie Million Gäste jährlich das Land. Hagen Sommer,
Ge-schäftsführer des DAV Summit Club, informier¬te sich im Mai direkt vor Ort
über die Zustände und über mögliche langfristige Hilfsprojekte, die der DAV mit
seinem" Spendenfondsunterstüt-zen könnte (s. Kasten). Sein Eindruck: Die
Zer¬störung der Kulturdenkmäler ist bei Weitem nicht so flächendeckend wie
zunächst befürch¬tet. Trekking im Annapurrand Everestgebiet wird in der
Nachmonsunsaison gut möglich sein, auch der Großteil der Lodges ist kaum
be¬schädigt. Nur das Langtang-Tal wird zunächst nicht bereisbar sein. „Neben
der dringenden So¬forthilfe ist es vor allem Arbeit, die in Nepal ge¬braucht
wird", schreibt Sommer, „die Arbeit im Tourismus, beim Trekking und in den
Bergen ist für sehr viele Familien das Haupteinkommen': Bergsteiger wie
Reinhold Messner, Peter Hillary oder Ralf Dujmovits sollen nun als „Goodwill
Ambassadors" den Tourismus fördern.
Das Leben muss weitergehen, die Nepali pa¬cken es an. Nepal
mit seinen mächtigen Bergen und liebenswerten Menschen ist immer noch eine
Reise wert. Wer es jetzt besucht, hilft dem Land auch, langsam wieder
unabhängig zu werden von den immer noch notwendigen
Spenden.
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