Kreuzzüge – Der Vierte Kreuzzug
Author D.Selzer-McKenzie
Video: http://youtu.be/wtJK3jsDEDQ
DER VIERTE KREUZZUG
In dem langen Kampf zwischen Papst und Kaiser, der von
Gregor VII. begonnen wurde, gab es kaum Zeiten, in denen sich ein Papst nicht
einem mächtigen Kaiser gegenüber¬sah. Nicht einmal dann, wenn der Papst
wirklich an eine historische Mission wie den Kreuzzug glaubte und alle
weltlichen Monarchen zu Lehnsherren der Kirche machen konnte.
Doch der Tag kam, an dem sich dies ändern sollte.
1198 wurde Lothario dei Conti de Segni mit nur
siebenunddreißig Jahren zum Papst gewählt — in einer Welt, in der kein anderer
Herrscher so viel Macht besaß wie er. Der deutsche Kaiser war tot und hatte ein
Kind als Erben hinterlassen; Frankreich und Eng¬land hatten sich in einem Krieg
festgefahren, der beide Herrscher schwächte. Der junge Lothario nahm den Namen
Innozenz III. an und setzte sofort seine eigenen Männer auf Schlüsselpositionen
der Kirche und der Verwaltung Roms. Er war aus dem Nichts an die Macht gekommen
und bloß ein Diakon gewesen, und so mußte er bei seiner Wahl zum Papst erst
einmal zum Priester geweiht werden.
Er kam nicht wie Stalin an die Macht, und er hatte auch in
der Politik keinen Namen. Aber er wußte, wie man eine Verwaltung in den Griff
bekam und alle Einzelheiten orga¬nisierte. Allerdings entwickelte er sich,
ähnlich wie Stalin, kurz nach seinem Amtsantritt in ein Monster. Ein Monster,
dem es nur um unbegrenzte Macht ging und das jeden rück-sichtslos zerstörte,
der sich nicht unterwarf.
Sein Ehrgeiz war grenzenlos. Er war der Erbe einer
Revolution, die von Gregor VII. losgetreten worden war; er hatte für sich
beschlossen, daß der Papst als Vertreter des abso¬luten Monarchen im Himmel der
absolute Monarch auf der Erde sein müsse. Und dieses Programm verlangte die
absolute Ergebenheit der Könige, die Unterwerfung der Ostkir¬che, das
Auslöschen aller Deutungen der christlichen Botschaft außer seiner eigenen und
die Rückeroberung Jerusalems unter seinem Befehl.
1199 bat er den Patriarchen von Jerusalem schriftlich um
Informationen, die ihm hel¬fen konnten, seinen geplanten Kreuzzug
durchzuführen. Der Patriarch schrieb zurück, daß kein Kreuzzug nötig sei, aber
trotzdem vielen Dank; seiner Ansicht nach würden sich die Sarazenen nur zu
gerne aus dem Heiligen Land zurückziehen, wenn man ihnen ihre ande-ren
Besitztümer garantierte. Die Freiherren wollten in Frieden mit Al-Adil leben;
das letz¬te, was sie wollten, war ein weiterer Haufen Ritter, der herüberkam,
Ärger machte, sich dann verzog und sie mit dem Ergebnis zurückließ. Diese
Information war es aber nicht, die Innozenz hören wollte. Er ignorierte sie.
Aufruf zum Kreuzzug
F
in Priester namens Fulk aus der Nähe von Paris war in
Frankreich herumgezogen und i
hatte die Notwendigkeit eines neuen Kreuzzuges
gepredigt. Fulk war kein zerlumpter
Wanderprediger wie Peter der Eremit. Er war von respektabler
Figur, gut gekleidet und besaß großes Rednergeschick — ein idealer Vertreter
der päpstlichen Absichten. Inno-zenz III. gab Fulks Predigten nun die volle
päpstliche Autorität. Zusätzlich schickte er Brie¬fe an die Kirche und den Adel
in ganz Frankreich und Norditalien und drängte sie, das Kreuz zu nehmen. Doch
er schickte keinem König einen Brief — nicht daß er sie aufhaltenwürde, wenn
sie denn gehen wollten, doch wozu sollte man sie ermutigen, da er doch selbst
der höchste Befehlshaber war?
Die Begeisterung für einen Kreuzzug wie zur Zeit Urbans II.
ließ jedoch zu wünschen übrig, und so griff Innozenz zu außergewöhnlichen —
wenn nicht verzweifelten — Mitteln. Zum ersten Mal erlegte er Klerikern Steuern
auf, damit sie für den Kreuzzug bezahlten. Natürlich gab es einen Aufschrei.
Die Zisterzienser bewaffneten sich sofort und weigerten sich zu zahlen. Doch
die Tatsache, daß der Papst bereit war, sich anderer Leute Börsen zu
bemächtigen, veränderte die gesamte Basis des Kreuzzuges. Von jetzt an war es
eine gerin¬gere finanzielle Belastung, auf einen Kreuzzug zu gehen; und die
angehenden Kreuzzug-anführer, die diese Steuern erhielten, konnten
richtiggehend Gewinn machen — besonders, wenn sie am Ende gar nicht gingen.
Obwohl der Papst selbst Rechtsgelehrter war, beschloß er,
das kanonische Recht aus dem Fenster zu werfen, indem er bekanntgab, daß Männer
nicht länger die Zustimmung ihrer Frauen brauchten, wenn sie auf den Kreuzzug
ins Heilige Land gehen wollten. Inno-zenz glaubte fest daran, daß der Zweck die
Mittel heiligt. Im Namen des göttlichen Geset¬zes und der christlichen Moral
war er entschlossen, jedes Gesetz zu brechen, das er bre¬chen mußte — und jeden
Knochen.
Im November 1199 kam das erste Kontingent der Kreuzritter zu
einem großen Turnier in der Burg Ercy in der Champagne zusammen (heute heißt
sie Asfeld-la-Ville). Mitten unter den flatternden Bannern, den kriegerischen
Wettkämpfen und Festessen nahmen der zweiundzwanzigjährige Graf Theobald von
Champagne und der siebenundzwanzigjähri¬ge Graf Ludwig von Blois das Kreuz.
Ihnen folgten andere Herren und Vasallen, auch Graf Balduin VIII. von Flandern.
Diese drei Grafen wurden die militärischen Anführer des erneuten Feldzuges,
doch sie schufen diplomatische Geschichte, als sie ihre Macht sofort sechs
Abgesandten übertrugen, die mit bereits versiegelten und von den Grafen
unter¬schriebenen Freibriefen ausgestattet wurden. Dies ist das erste Mal in
der Geschichte, daß Bevollmächtigten eine solche Handlungsfreiheit zugestanden
wurde.
Das Geschäft mit Venedig
D
ie sechs Abgesandten (von denen einer der Chronist Geoffrey
de Villehardouin war) wandten sich an die größte Seemacht ihrer Zeit, Venedig,
auf daß sie ihnen helfe, die Armeen über das Meer ins Heilige Land zu
befördern. 1201 langten sie mitten im Winter am Hofe des alten, blinden Dogen
Enrico Dandolo an.
Venedig war an gewaltige Seeverträge gewöhnt. 1187 hatte es
zum Beispiel den Auf¬trag erhalten, die gesamte byzantinische Flotte zu bauen
und zu bemannen. Doch seinHauptinteresse galt Konstantinopel. Die
Reisespezialisten für das Heilige Land waren Genua und Pisa, doch sie lagen
gerade im Krieg miteinander, und jede Flotte, die man von der einen Seite
anheuerte, wurde höchstwahrscheinlich von der anderen Seite angegriffen. Die
Abgesandten schätzten, daß die Zahl der Kreuzritter bei 33.500 liegen würde.
Dies war eine absurde Zahl, die siebenmal so groß war wie die Zahl der
Kreuzfahrer, die König Phillip 1190 angeführt hatte. Es ist klar, daß große
Herren und Chronisten nur die vagesten Vorstellungen von der Größe einer Armee
hatten.
Der Große Rat von Venedig bat um eine Woche Frist
(wahrscheinlich mußten die Her¬ren irgendwohin gehen, wo sie sich in Ruhe vor
Lachen kringeln konnten); als sie sich wie¬der im Griff hatten, boten sie an,
genügend Schiffe zu bauen, daß sie viereinhalbtausend Ritter mit je einem
Pferd, neuntausend Edelleute und zwanzigtausend Fußsoldaten tragen konnten
sowie Vorräte für neun Monate. Die Kosten wären fünf Mark für jedes Pferd und
zwei Mark für jeden Mann, das macht 89.500 Mark, doch man konnte ihnen fünf
Pro¬zent Freundschaftsrabatt anbieten, also dann 85.025 — sagen wir 85.000
Mark.
Die Armee sollte also siebenmal so groß sein wie die
Phillips — und die Transportkosten fünfzehnmal so hoch! Der Rat erwartete
außerdem die Hälfte von allem, was zu Land oder zur See erobert wurde, üblich
war ein Drittel. Vielleicht wollten die Venezianer nicht, daß das Geschäft
wirklich abgeschlossen würde. Obwohl der Anführer des Kreuzzuges öffent¬lich
erklärt hatte, daß ihr Ziel Palästina war, hatten sie sich heimlich darauf
geeinigt, daß sie den Moslems in Palästina am besten schaden konnten, wenn sie
erst Ägypten angrif¬fen, und Venedig hatte kein Interesse daran, seine große
Handelskolonie in Alexandria zu zerstören.
Doch die Venezianer hielten einen weiteren Plan bereit, der
sie fünfzig bewaffnete Galeeren auf eigene Kosten anbieten ließ. Fünfzig
Galeeren waren eine riesige Dreingabe — so groß wie die gesamte byzantinische
Flotte —, die siebentausend Besatzungsmitglieder haben mußte. Doch vielleicht
war es die gesamte byzantinische Kriegsflotte! Schließlich war diese Flotte von
den Venezianern gebaut und bemannt worden, und sie waren mit ihrem neuen Kaiser
nicht zufrieden. Er bot den Pisanern und Genuesen bessere Geschäfte an, er
bezahlte seine hohen Schulden nicht und er forderte von den venezianischen
Schif¬fen in Konstantinopel Gebühren, womit er Abkommen brach.
Die Abgesandten nahmen die Bedingungen an. Eine wunderbare
Pantomime wurde in der Kirche von San Marco zum besten gegeben, als die hohen
Herren vor die Bevölkerung der Stadt traten und Geoffrey de Villehardouin
erklärte, daß ihm und den anderen Abge¬sandten befohlen worden war, zu Füßen
der Venezianer niederzuknien und sich nicht eher zu erheben, bis diese edlen
Menschen einwilligten, »Mitleid mit dem Heiligen Land an den Gestaden jenseits
des Meeres zu haben«. Woraufhin die Abgesandten sich weinend auf die Knie
fallen ließen. Der Doge, der weit über achtzig war, praktisch blind, aber sonst
im voll- en Besitz seiner Kräfte, weinte auch. Ebenso wie alle Venezianer, die
dort versammelt waren, und geschlossen erhoben sie ihre Hände zum Himmel und
riefen: »Wir sind ein¬verstanden! Wir sind einverstanden!« Und in dem Krach und
dem Gejubel, das darauf folgte, hätte man glauben können, die ganze Welt würde
zusammenfallen, jedenfalls laut Geoffrey.
Die Abgesandten borgten sich fünftausend Mark von den
venezianischen Banken, auf daß mit den Schiffsbauten angefangen werden konnte,
und kehrten in der Überzeugung nach Frankreich zurück, gute Arbeit geleistet zu
haben. Bald nachdem die Abgesandten wieder nach Frankreich zurückgekehrt waren,
starb der inoffizielle Anführer des Kreuzzuges, der junge Graf Theobald. Ohne
ihn lief die Sache Gefahr zu kippen, und es war keineswegs leicht, Ersatz zu
finden. Schließlich schlug Geoffrey de Villehardouin vor, daß sie dem Marquis
Bonifazius von Montferrat, dem Bru¬der des ermordeten Conrad, das Kommando über
die Armee übertragen sollten.
So, wie Geoffrey es darstellt, klingt es, als hätte der
Marquis bereits angedeutet gehabt, daß er dazu bereit sei. Bonifazius
Hauptinteresse galt jedoch nicht Jerusalem, sondern dem byzantinischen
Thessaloniki. Er war der Auffassung, er habe ein Recht darauf, daß eine Kreuzzugsarmee
ihn dort ins Amt bringen würde. Da man ihn nun zufälligerweise just gebeten
hatte, einen Herrscher in Byzanz zu stürzen, schien sich alles in seinem Sinne
zu regeln. Er nahm den Auftrag an.
Anfang Juni begannen die Kreuzritter, nach Venedig zu
strömen, wo man ihnen Quar¬tiere auf der Insel San Niccolo di Lido gab. Die
Venezianer eröffneten für sie einen Markt mit jeder Art von Waren, die man sich
nur wünschen konnte, und alles schien nach Plan zu verlaufen. Doch mit der Zeit
erkannten die Freiherren, daß sie ein Problem hatten. Die Kreuzritter kamen
nicht annähernd in der Menge, die sie brauchten.
Tatsächlich war die Zahl, die kam, enorm: elftausend. Doch
dies war viel weniger als die geschätzten 33.500. Und die schreckliche Wahrheit
begann ihnen zu dämmern, daß jeder Mann dreimal so viel bezahlen mußte wie
erwartet, um die Rechnungen der Vene¬zianer zu bezahlen: sechs Pfund Silber pro
Mann, fünfzehn pro Pferd! Viele konnten es sich nicht leisten; die Freiherren
sammelten alles ein, was sie kriegen konnten. Doch auch als sie ihre
Tischgedecke aus goldenen und silbernen Tellern drauflegten und zuse¬hen
mußten, wie diese in den Palast des Dogen gekarrt wurden, fehlten immer noch
34.000 Mark.
Die Kreuzritter saßen fest. Der Winter kam; bis zur nächsten
Schiffahrtssaison konn-ten sie ihre Armee nicht unterhalten, und nun drohten
die Venezianer damit, ihnen die Ver-sorgung abzuschneiden. An diesem Punkt kam
der blinde Doge mit einem Angebot, das sie nicht ablehnen konnten. Er erklärte
es seinen eigenen Leuten so:
»Der König von Ungarn hat uns unsere Stadt Zara in Slawonien
weggenommen, einen der mächtigsten Orte der Welt; und wir werden ihn niemals
wiederbekom¬men, auch nicht mit all unseren Armeen — außer mit Hilfe der
Franken. Und so wol¬len wir sie fragen, ob sie uns dabei helfen, ihn
zurückzuerobern, und wir werden ihnen erlauben, die Zahlung der 34.000
Silbermark, die sie uns noch schulden, bis zu dem Zeitpunkt aufzuschieben, da
Gott unseren vereinten Armeen gestattet, die¬ses Geld durch Eroberung
einzunehmen. «
Dieses Angebot wurde dann den Freiherren unterbreitet, und
eine heftige Debatte brach aus. Diejenigen, die dagegen waren, wandten ein, daß
sie ihren Kreuzzug mit dem Angriff auf eine christliche Stadt zu beginnen
hätten — und nicht nur das, sondern auch noch auf eine Stadt, die einem ihrer
Kreuzzugsgefährten gehörte, denn König Emerich von Ungarn hatte gerade selbst
das Kreuz genommen! Angesichts dieses Arguments mußte der Doge seine eigene Verbundenheit
mit dem Kreuzzug demonstrieren. Zara war immerhin sehr wichtig, da es den
Zugang zu den Wäldern Dalmatiens gestattete, die wiederum Holz für den
Schiffsbau lieferten. Und so kletterte der blinde Doge eines Sonntags die
Stufen der Kanzel in der Kirche von San Marco hinauf und sprach zu einer
riesigen Menge von Vene¬zianern und Kreuzrittern.
»Ihr hohen Herren«, sagte er, »ich bin ein alter Mann,
schwach und ruhebedürftig, und meine Gesundheit wird schwächer. Gleichzeitig
weiß ich jedoch, daß keiner Euch wie ich, Euer Herr, anführen und leiten kann.
Wenn Ihr gestattet, werde ich das Kreuz nehmen, damit ich Euch beschützen und
führen kann. Ich werde auf Leben oder Tod mit den Pil¬gern ziehen!« Die
Venezianer riefen aus: » Wir bitten Euch in Gottes Namen, das Kreuz zu nehmen
und mit uns zu gehen!« Dann kniete er vor dem Altar, und sie nähten ein Kreuz
auf die Vorderseite seiner Baumwollmütze, damit jeder es sehen konnte. Und
plötzlich gab es eine Menge venezianischer Kreuzritter. Der Kreuzzug wandte sich
Zara zu.
Der Kreuzzug greift Zara an
D
ie große Flotte segelte im November 1202 los. Schilder
wurden an die Schanzkleider und Schiffstürme gehängt, und Banner und Wimpel
gehißt. Die Schiffe trugen mehr als dreihundert Belagerungsmaschinen und alles,
was sie brauchten, um eine Stadt zu erobern.
Doch als der Angriff auf Zara beginnen sollte, trat der Abt
von Vaux mit einem Brief des Papstes vor: »Meine Herren, im Namen des Papstes
von Rom verbiete ich Euch, diese Stadt anzugreifen; denn die Menschen dort sind
Christen, und Ihr tragt das Zeichen des Kreuzes. « Der Doge wandte sich sofort
an die Grafen und Freiherren und sagte: »Ihr habt mir Euer Versprechen gegeben,
mir bei der Eroberung dieser Stadt zu helfen, und ich for¬dere Euch auf, Euer
Wort zu halten. « Das taten sie, und das Bombardement begann. Nach fünf Tagen
kapitulierte die Stadt und wurde pflichtgemäß geplündert. Der Doge und die
Kreuzritter übernahmen alle schönen Häuser und teilten die Stadt untereinander
auf. Sie beschlossen, hier zu überwintern, ehe sie den Kreuzzug fortführten.
Und nun kommen wir zum Kern der Angelegenheit.
In Byzanz war Kaiser Isaak Angelus jetzt Ex-Kaiser — und
sogar noch blinder als der Doge von Venedig. Als sein Bruder Alexius von den
Türken gefangengenommen worden war, hatte Isaak das Lösegeld bezahlt und
Alexius zurück nach Konstantinopel bringen lassen. Alexius bewies seine ewige
Dankbarkeit damit, sich gegen seinen Bruder und Retter zu wenden, ihm die Augen
herauszureißen und ihn ins Gefängnis zu werfen, zu¬sammen mit seinem Sohn, der
ebenfalls Alexius hieß. Alexius, der Herrscher, war der Mann, der die
Venezianer so verärgert hatte, weil er mit den Pisanern und Genuesen Geschäfte
machte.
Dem jungen Prinzen Alexius war es gelungen, gen Westen zu
fliehen, und er war es, der Bonifazius gebeten hatte, den Herrscher zu stürzen.
Bonifazius, der es für klüger hielt, nach Rom zu gehen, als am Angriff auf Zara
teilzunehmen, schloß sich nun dem Kreuz¬zug wieder an, gefolgt von mehreren
Abgesandten des Prinzen Alexius. Die Abgesandten brachten den Kreuzrittern ein
verlockendes Angebot mit: Gebt dem Kronprinzen seinen rechtmäßigen Thron
zurück, und er gibt euch dafür... die Welt!
»Er wird sein gesamtes Reich unter die Herrschaft Roms
stellen, von dem es lange getrennt war. Zweitens, da ihm bekannt ist, daß Ihr
all Euer Geld ausgegeben habt und nun nichts mehr besitzt, wird er Euch 200.000
Silbermark geben und Proviant für jeden Mann Eurer Armee, ob Offizier oder
Soldat. Außerdem wird er Euch selbst mit 10.000 Männern nach Ägypten begleiten,
oder, wenn Ihr das vorzieht, einfach 10.000 Männer mit Euch schicken; und... er
wird auf eigene Kosten 500 Ritter zur Bewachung des Heiligen Landes einsetzen.
«
Der Abt von Vaux sagte, er werde niemals seine Einwilligung
geben, da der Angriff auf Konstantinopel bedeute, wiederum christliche
Glaubensbrüder anzugreifen. Es gab viele, die dem Abt zustimmten — sie wollten
weiter nach Syrien. Doch der Marquis von Mont-ferrat und der Doge beharrten
darauf, der einzige Weg, das Heilige Land in die Hand zu bekommen, sei, das
Angebot anzunehmen und danach nach Ägypten zu segeln.
Wenn Venedig ein außenpolitisches Ziel hatte, dann war es
die Kontrolle über die Han-delsabkommen von Konstantinopel. Ein zweites war die
Kontrolle über Konstantinopel. Ein drittes ... für Dandolo war Konstantinopel
und nicht Jerusalem das Zentrum der Welt. Dies war die legendäre Stadt, die
Quelle des Wohlstands und der Macht — hier lagen auch die wichtigsten heiligen
Reliquien. Seine eigene Kirche San Marco war eine Nachahmung der Hagia Sophia
in Konstantinopel. Und Konstantinopel hatte sich selbst in seine Hände gegeben:
Er besaß seine Kriegsschiffe, er hatte die Kreuzritter. Alles, was er tun
mußte, war, es sich zu nehmen.
Das größte Problem bestand nun darin, die Armee in Zara über
den Winter zusam-menzuhalten. Es gab viele Adlige und Männer niederen Ranges,
die von den Fahnen gin¬gen. Sie flüchteten oft an Bord von Handelsschiffen —
einmal verschwanden fünfhundert mit einem Schiff. Andere liefen über Land
davon, wo sie bei den Slawen ein schlimmes Ende erlitten. Es ist schwer zu
sagen, welche von ihnen sich absetzten, weil sie mit der Richtung, die der
Kreuzzug nahm, unzufrieden waren, welche nach Syrien gehen wollten und welche
sich einfach die ganze Sache anders vorgestellt hatten. Unterdessen steigerte
sich die Wut des Papstes wegen der Eroberung Zaras. Die Kreuzritter hatten
seine präzi¬sen Anweisungen ignoriert. Er exkommunizierte die gesamte Armee —
Kreuzritter und Venezianer! Sie durften an keiner Messe mehr teilnehmen und nicht
mehr beichten, sie würden in Sünde sterben und von den Feuern der ewigen Hölle
verschlungen werden.
Die Bischöfe der Armee erteilten den Kreuzrittern hastig
eine Absolution auf Zeit, während Abgesandte zum Papst eilten, um ihm die
unmögliche Wahl zu erklären, der sich die Kreuzritter gegenüber gesehen hätten:
zu tun, was die Venezianer wollten, oder den ganzen Kreuzzug abzublasen.
Nachdem er sie dergestalt auf Vordermann gebracht hatte, hob der Papst den Bann
über die Kreuzritter wieder auf. Nicht aber den Bann über die Venezianer, die
ganz offensichtlich keine Angst vor ihm hatten; sie blieben eben weiterhin
exkommuniziert. Es beunruhigte die Venezianer einfach deshalb nicht, weil der
Marquis de Montferrat sie gar nicht wissen ließ, daß sie immer noch exkommuniziert
waren! Wie er dem Papst später erklärte, hätte es keinen Sinn gehabt, sie zu
verärgern und den ganzen Kreuzzug aufs neue in Gefahr zu bringen.
Und so beluden die Kreuzritter am Ostermontag 1203 in Zara
ihre Schiffe, während die Venezianer einstweilen die Stadt dem Erdboden
gleichmachten. Unterwegs trafen sie auf zwei Schiffe voller Ritter und Pilger,
die aus Syrien zurückkehrten. Als der Marquis ein kleines Boot ausschickte, um
nach ihrem Woher und Wohin zu fragen, sprang ein Offizier über die Reling und
schloß sich den Kreuzrittern an. Er rief denjenigen, die er an Deck
zurückgelassen hatte, zu: »Ihr könnt mit allem, was ich zurückgelassen habe,
machen, was ihr wollt. Ich gehe mit diesen Leuten, denn es scheint mir klar,
daß sie Land für sich gewin¬nen werden.«
Die Kreuzritter waren vom Anblick »dieser Stadt, die alle
anderen beherrscht« über¬wältigt. Geoffrey de Villehardouin berichtet, daß
diejenigen, die sie vorher noch nicht gesehen hatten, »niemals gedacht hatten,
daß es auf der Welt einen so schönen Ort geben könne«. Alexius III., der
Herrscher, versuchte sie mit Verpflegung und Geld loszu¬werden, doch die
Kreuzritter weigerten sich, von ihrer ehrenwerten Mission, den Thron dem
rechtmäßigen Erben zurückzugeben, abzulassen. Sie segelten sogar dicht an die
Mau¬ern von Konstantinopel heran, zeigten den jungen Prinzen an Deck und riefen
den Grie¬chen zu: »Hier ist euer natürlicher Herr... der Mann, dem ihr nun als
eurem Herrn gehorcht, regiert ohne rechtmäßigen Anspruch, euer Kaiser zu sein,
wider Gott und das Recht. «
Am festgesetzten Tag griffen die Franken und die Hauptarmee
vom Land aus an, während es die Venezianer vom Meer aus taten. An diesem Punkt
zeigte der Doge nach den Worten Geoffrey de Villehardouins bemerkenswerten Mut.
Der blinde alte Mann stand mit dem Banner des heiligen Markus am Bug der
Galeere und verlangte, daß seine Männer ihn und das Banner an Land brächten,
worauf seine Männer ans Ufer sprangen —und die Belagerung begann.
In dieser Nacht überdachte der Herrscher Alexius III.
sachlich seine Lage. Sein Volk liebte ihn nicht besonders. Was von der
kaiserlichen Armee übriggeblieben war, bestand nur aus Söldnern, und wenn sich
die Dinge gegen sie wandten, konnte man von Soldaten nie erwarten, daß sie für
ein bißchen Sold den Kopf riskierten. Und da der Großteil der Kreuzritter
Franken waren, konnte er auch nicht auf die fränkischen Regimenter zählen, die
bei ihm im Sold standen. Vielleicht konnte er sich noch auf die Varangian-Wache
ver¬lassen, doch auch diese bestand hauptsächlich aus Dänen und Engländern.
Nachdem er seine Betrachtungen abgeschlossen hatte, schlug Alexius III. den
weisesten Weg ein — er verduftete.
Die byzantinischen Beamten wachten am nächsten Tag ohne
ihren Kaiser auf. Sie hat¬ten jedoch eine brillante Lösung parat: Sie holten
den erblindeten Ex-Kaiser Isaak Ange¬lus aus dem Gefängnis, setzten ihn wieder
auf den Thron und erklärten den Kreuzrittern, daß der rechtmäßige Herrscher
wieder in Amt und Würden sei, so wie sie es gewünscht hatten, und daß sie
folglich ihre freundliche Unterstützung nicht mehr brauchten.
Ob sie deshalb bitteschön mit dem Angriff aufhören könnten?
Doch die Kreuzritter wollten sich den Lohn all der Mühe nicht entgehen lassen.
Bei einer Privataudienz erklär¬te Geoffrey de Villehardouin dem wieder auf
seinem Thron sitzenden Kaiser den Vertrag mit seinem Sohn:
»Ihr wißt, welchen Dienst wir Eurem Sohn erwiesen haben, und
Euch ist klar, daß wir unseren Teil der Abmachung eingehalten haben. Wir können
ihm jedoch nicht erlauben, hierherzukommen, solange wir keine Garantie für die
Übereinkunft haben, die er mit uns getroffen hat. Er bittet Euch deshalb als
Euer Sohn, dieser Übereinkunft unter denselben Bedingungen und in demselben
Sinne zuzustimmen, wie er selbst es getan hat. «
Isaak Angelus brummelte, daß dies wahrhaftig harte
Bedingungen seien, doch er unter-zeichnete die Übereinkunft, und der Handel
wurde mit großem Jubel und mit Festen gefei¬ert. Am 1. August 1203 wurde der
Prinz neben seinem Vater in der Kirche Hagia Sophia zu Alexius IV. gekrönt.
Die Bezahlung, die nie erfolgte
D
ie Kreuzritter erwarteten nun ihre 200.000 Mark und die
Unterordnung des griechi¬schen Reiches unter den Papst in Rom. Während sich der
blinde Vater mit seinem Lieblingsastrologen einschloß, kam der junge Alexius
IV. auf die Idee, daß es eine Sache war, als Thronanwärter große Versprechungen
zu machen, und eine andere, sie als Kaiser zu erfüllen. Sein Versuch, die
Unterordnung unter Rom zu vollziehen, traf natürlich auf immensen Widerstand
bei der Kirche und den Menschen des Landes. Was das verspro¬chene Geld betraf —
es existierte schlicht und ergreifend nicht. Byzanz war pleite.
Schließlich lud er den Dogen und die Freiherren zu einem
Treffen. Hier machte er sei¬nen Geldgebern in der altehrwürdigen Art von Schuldnern
aller Länder einen Gegenvor¬schlag. »Ihr wollt bald gehen«, sagte er. »Ich kann
nicht hoffen, alles, was ich Euch ver¬sprochen habe, in so kurzer Zeit
einzulösen. Die Griechen, so muß ich Euch sagen, hassen mich Euretwegen. Wenn
Ihr geht, werde ich mein Reich verlieren und sie werden mich töten.« Daher bat
er sie, bis Ostern zu warten, weil er seine Position bis dahin gesichert und
das versprochene Geld hoffentlich beisammen habe.
Dieser Vorschlag brachte die Kreuzritter auf. Die
Vorstellung einer neuen Verzögerung schien untragbar... doch was blieb ihnen
sonst? Sie hatten sich selbst in eine Zwick¬mühle gebracht. Ohne Geld konnten
sie nicht weiter, ein weiteres Jahr bleiben wollten sie wiederum auch nicht...
Am Ende konnten sie eben doch nichts tun, als zu warten.
Alexius reiste in seinem Reich herum und forderte von seinen
keineswegs willigen Unter-tanen Unterwerfung — und wohl auch Bargeld. Bei
diesem Feldzug wurde er von vielen der Freiherren des Kreuzzuges begleitet, was
seine eigenen Leute noch weiter befremdete.
Währenddessen schlenderte der Rest der Kreuzritter durch
Konstantinopel und mach¬te sich bei der griechischen Bevölkerung unbeliebt.
Schlägereien unter Betrunkenen waren häufig, und bei einer davon setzte ein
Franzose die Stadt in Brand. Ein schreckliches Feuer tobte eine Woche lang
jenseits jeglicher Kontrolle, und kein Lateiner wagte fortan mehr, sich in
Konstantinopel selbst aufzuhalten. Im Januar entlud sich das antilateinische
Gefühl in der Stadt in einem Aufstand, bei dem die wundervolle Statue der
Göttin Athene, die Phidias, der Athener, eintausendfünfhundert Jahre zuvor auf
Bitten von Perikles angefer¬tigt hatte, vollkommen zerstört wurde, da sie die
Eindringlinge angeblich anzog.
Schließlich war der Doge der Meinung, daß man die Angelegenheit
zu einem Ende bringen müsse. Eine Delegation, unter ihr Geoffrey de
Villehardouin, erhielt den äußerst gefährlichen Auftrag, dem jungen und immer
hochmütiger werdenden Kaiser bei einer großen Versammlung ein Ultimatum zu
überbringen. »Die Griechen waren von dieser unverhüllt feindseligen Nachricht
sehr erstaunt und schockiert, und sie erklärten, daß nie¬mand bisher so kühn
gewesen sei, einem Kaiser von Konstantinopel in seiner eigenen Halle eine
solche Drohung vorzutragen«, berichtete Geoffrey. Ärgerliche Stimmen füllten
den Saal. Der Kaiser sah sehr verdrießlich drein, und die Franken zogen sich
aus Angst, in Stücke gerissen zu werden, hastig zurück.
Es folgte eine Palastrevolution. Eine Person namens
Murzuphlus, ein Berater, dem Ale-xius besonders vertraut hatte, überfiel den
jungen Kaiser im Schlaf, warf ihn ins Gefäng¬nis und ließ ihn erwürgen. Alexius
Vater, der blinde alte Kaiser, starb einige Tage später. Murzuphlus ließ sich,
dem vorherrschenden Wunsch in der griechischen Bevölkerung ent¬sprechend,
selbst zum Kaiser krönen. »Hat man je von Menschen gehört, die eines solch
scheußlichen Verrats schuldig sind?« ruft Geoffrey de Villehardouin.
Die Plünderung Konstantinopels
D
iese Wendung der Ereignisse machte es den Venezianern
leicht, die Kreuzritter davon zu überzeugen, daß ihnen nun natürlich jede
Handlung erlaubt sei: Sie müßten dem alten Oströmischen Reich ein Ende setzen.
Ihre Kirchenmänner boten moralische Recht¬fertigungen an: Die Griechen hatten
eine Sünde begangen, indem sie den Mord an ihrem Kaiser unterstützten. Und
außerdem waren sie alle Kinder der Kirchenspaltung, die in den Schoß Roms
zurückgebracht werden mußten. Die Männer der Kirche erklärten den Sol¬daten
sogar, daß alle, die bei dem Feldzug stürben, »in den Genuß des Ablasses kämen,
wie ihn der Papst garantiert habe, gerade so, als hätten sie den Kreuzzug
vollendet«. Mit diesem Versprechen gaben die Kleriker dem Kreuzzug natürlich
den Todesstoß.
Der Papst verbat den geplanten Angriff nicht; er sagte nur,
daß Christen nur dann ange-griffen werden sollten, wenn sie den Heiligen Krieg
wirklich behinderten. Da man im ganzen Westen wußte, daß Byzanz niemals etwas
anderes getan hatte, als den Heiligen Krieg zu behindern, kam dies einem
päpstlichen Segen gleich.
Im März trafen sich die Anführer der Kreuzritter und der
Venezianer, um schon einmal die zu erwartende Beute aufzuteilen. Ein Viertel
von allem sollte an denjenigen gehen, der nach der Eroberung zum Kaiser gewählt
werden würde. Der Rest sollte halbe halbe zwi¬schen den Kreuzrittern und den
Venezianern aufgeteilt werden.
Kreuzzug ins Heilige Land? Was für ein Kreuzzug ins Heilige
Land?
Am 6. April 1203 begannen die Kreuzritter den Angriff. Am
12. wurden zwei der vene-zianischen Schiffe, die Pilger und die Paradies vom
Wind so nah an einen Turm geweht, daß sie eine Leiter dort befestigen konnten.
Dann strömten die Truppen auf den Turm, leg¬ten Leitern an andere Türme und
waren innerhalb kurzer Zeit in die Stadt eingefallen. Murzuphlus floh samt Frau
und Familie, und am nächsten Morgen zogen der Doge und die Freiherren im Großen
Palast ein.
Den Soldaten wurde gesagt, sie hätten drei Tage, um die
Stadt zu plündern. Jedes Haus stand für Vergewaltigung und Mord offen. In der
Hagia Sophia rissen betrunkene Solda¬ten die Seidenbehänge herunter. Die
Ikonostasis, die Bilderwand zwischen Gemeinde- und Altarraum, war aus solidem
Silber. Sie brachen sie in Stücke. Eine Prostituierte saß auf dem Thron des
Patriarchen und sang zotige Lieder. Nonnen wurden in ihren Konventen
geschändet. Kinder und Frauen starben auf der Straße. Das Blutvergießen ging
immer wei¬ter. Sogar die Sarazenen wären gnädiger gewesen, rief der Historiker
Nicetas Choniates.
Doch die Beute — ach ja, die Beute! Geoffrey de
Villehardouin erklärt hier, daß seines Wissens »seit der Erschaffung der Welt
in keiner Stadt so viel Beute gemacht wurde«. Nie-mand konnte die Schätze
ermessen, die in diesen drei Tagen geplündert wurden — Gold und Silber,
Tafelservice, Juwelen, Satin, Seide und die feinsten Pelze. Beim Anblick so
vie¬ler Schätze nach all den Verzögerungen und Leiden wurden die Kreuzfahrer
schier ver¬rückt. Auch die Herren der heiligen Ränge waren von der Hysterie
nicht ausgenommen.
Abt Martin aus Paris drohte einem älteren Griechen aus der
Kirche des Pantocrators offen mit dem Tod, wenn er nicht sofort den
Aufbewahrungsort des wertvollsten Reliktes der Heiligen bekanntgäbe. Der alte
Mann öffnete eine Eisentruhe, und Abt Martin fuhr gierig mit beiden Händen
hinein. Dann füllten er und sein Kaplan, »indem sie ihre Röcke schürzten, die
Falten mit heiligem Kirchenraubgut... Als er zu den Schiffen eilte, wurde er
von Männern gesehen, die ihn kannten. Sie fragten ihn freudig, ob er irgend
etwas mit sich trage. Er antwortete mit lächelndem Gesicht: >Wir haben es
gut gemacht.< Worauf sie ant-worteten: >Gott sei Dank.«< Einige Stücke
jener Beute sind noch heute in Venedig ausge¬stellt, auch das berühmteste
Stück: die Quadriga aus dem sechsten Jahrhundert, die vier Pferde des
Hippodroms, die immer noch die Kirche von San Marco schmückt.
Die Kreuzritter feierten den Palmsonntag mit freudigen
Herzen. Niemand erwähnte mehr ihr Begehren, das Heilige Land zu retten oder
»das Verbrechen, unter dem Unser Herr litt«, zu sühnen. Bonifazius besaß nun
Makedonien. Balduin, der Graf von Flandern und Hainault, wurde zum Kaiser
gewählt, und das byzantinische Reich wurde zwischen ihm, dem Marquis und dem
Dogen von Venedig aufgeteilt.
Der Vierte Kreuzzug hatte nichts gegen die Moslems bewirkt.
Doch er hatte etwas anderes vollendet, was von Anfang an Teil der
Kreuzzugsbewegung gewesen war. Urban hatte gewollt, daß die Ostkirche sich der
Westkirche unterwarf; dies war nun geschehen. Bohemond hatte von einem
europäischen Sieg über Byzanz geträumt; nun war es besiegt. Die Tauben, die
1095 vom Kaiser ausgesandt worden waren, waren nun endlich nach Hause gekommen.
Das Römische Reich war zerstört.
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